14. Februar 2011, Uni Hannover (MH)

Geburt von Stammzellen gefilmt

In einer Petrischale sieht man zunächst rot leuchtende, langgestreckte Zellen, nach und nach verlieren sie ihre charakteristische Form, die Ausläufer gehen zurück, die Zellen runden sich ab, sie verschmelzen mit anderen Zellen zu einem rot leuchtenden Haufen. Plötzlich leuchten immer mehr Zellen im Zellklumpen grün. Im Zeitraffer dauert dieser Prozess nur wenige Sekunden. Im Labor hingegen einige Tage. Die von Dr. Dr. Axel Schambach geleitete Arbeitsgruppe “Hematopoietic Cell Therapy” in der Abteilung für Experimentelle Hämatologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) im Exzellenzcluster REBIRTH (Von Regenerativer Biologie zu Rekonstruktiver Therapie) konnte nun, dank eines neuentwickeltem farbkodierten Gen-Taxis, gemeinsam mit Dr. Timm Schröder vom Helmholtz Zentrum München sowie Dr. Tobias Cantz und Professor Dr. Hans Schöler, Arbeitsgruppe “Stem Cell Biology”, REBIRTH, erstmals die Verwandlung von Körperzellen in induzierte pluripotente Stammzellen (iPS-Zellen) filmen. iPS-Zellen sind für die Forscher besonders interessant, da sie quasi Alleskönner darstellen und sich ähnlich wie embryonale Stammzellen in unterschiedliche Zelltypen entwickeln können. Die Wissenschaftler veröffentlichten ihre Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe des renommierten Magazins Molecular Therapy der Nature-Verlagsgruppe. “Wir konnten mittels eines neuartigen experimentellen Systems im Zeitraffer die Umwandlung von Fibroblasten zu iPS-Zellen zeigen”, erklärt Professor Dr. Christopher Baum, Leiter der Abteilung für Experimentelle Hämatologie.

Viren haben sich im Laufe der Evolution optimal an ihre Wirtszellen angepasst und sind so ideale Überträger für Gene. Forscher setzen daher virale Vektoren als Gen-Taxi ein. Das Team entwickelte nun ein optimiertes Gen-Taxi, mit dem sie die sogenannten Reprogrammierungsgene in Körperzellen einschleusten. Diese Gene bewirken, dass die Zellen ihren Stoffwechsel ändern und verstärkt bestimmte Eiweiße produzieren. Auf diese Weise versetzen die Forscher die Zellen in den embryonalen Zustand zurück. Der Clou des neuen Vektors: Er enthält einen Farbcode und schaltet sich von selbst ab. Werden die eingeschleusten Gene in den Körperzellen aktiviert, leuchten rot. Ist die Umwandlung der Körperzellen in den embryonalen Zustand erreicht, schalten sich die Gene ab, ein grün leuchtendes Reportergen wird aktiviert – die Zellen leuchten grün. Die Forscher schossen in Intervallen von wenigen Minuten Bilder und setzten diese zu einer Zeitrafferaufnahme zusammen. So konnten sie einzelne Zellen kontinuierlich verfolgen. “Mit diesem System können wir nun feinste dynamische Prozesse erforschen, die frühen Reprogrammierungsvorgänge besser verstehen lernen oder Veränderungen nach Gabe von Medikamenten erfassen”, sagt Dr. Dr. Schambach.

Die Originalarbeit ist zu finden unter www.nature.com/mt/journal/vaop/ncurrent/full/mt2010314a.html. Ein Video zur Veröffentlichung ist zu sehen unter http://www.mh-hannover.de/videos.html. In der Zeitrafferaufnahme ist dort dank des neuentwickelten Vektors zu sehen, wie sich Körperzellen in induzierte pluripotente Zellen verwandeln. (MHH)



» Diesen Artikel via Mail weiterempfehlen





Schreiben Sie einen Kommentar »



Das könnte Sie auch interessieren:
Bild: Barbara Frommann/Uni Bonn

Bonn: Stadt und Universität wollen enger zusammenarbeiten

Die Bundesstadt Bonn und die Universität Bonn wollen künftig enger zusammenarbeiten, um Wissenschaft und internationale Einrichtungen am Standort Bonn produktiv miteinander zu vernetzen. Das sieht ein Kooperationsvertrag vor, den Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch und Rektor Prof. Dr. Jürgen Fohrmann am 09….

Bild: TU Illmenau

Prof. Peter Scharff zum dritten Mal zum Präsidenten der TU Ilmenau gewählt

Professor Peter Scharff (56) ist durch Hochschulrat und Senat zum Präsidenten der Technischen Universität Ilmenau gewählt worden. In seiner Sitzung vom 04.03.2014 stimmte der Akademische Senat, das höchste Entscheidungsgremium der Universität, dem Wahlvorschlag des Hochschulrates der TU Ilmenau zum Präsidenten…

Bild: TU Illmenau

TU Illmenau: fast 45 Mio. Euro an Drittmitteleinnahmen im Jahr 2012

Nach dem Rekordergebnis des Vorjahrs hat die Technische Universität Ilmenau 2012 mit 44,73 Millionen Euro abermals die höchsten Drittmitteleinnahmen ihrer Geschichte erzielt. Das historische Ergebnis des Jahres 2011 (39,47 Millionen Euro) wurde nochmals um mehr als 13 Prozent übertroffen. Der…

Bild: Kaiser/MHH

Deutsche Krebshilfe fördert myeloischen Leukämie-Studie an der MHH

In Deutschland erkranken jedes Jahr rund 130 Kinder an einer akuten myeloischen Leukämie (AML). Dabei handelt es sich um eine besonders aggressive Form von Blutkrebs. Eine internationale Studiengruppe mit der Zentrale in der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) arbeitet seit vielen…

Bild: TU Dortmund

Ehrendoktorwürde der TU Dortmund für Prof. Monika Henzinger

Mit der Google-Pionierin Prof. Monika Henzinger hat die Technische Universität Dortmund am 1. Februar 2013 einer Wissenschaftlerin mit hoher internationaler Reputation die Ehrendoktorwürde verliehen. Die Laudatio hielt Prof. Clifford Stein von der New Yorker Columbia University. Er hob hervor, dass…

Weitere Beiträge zum Thema: