4. März 2010, Aktuelles, Medizin, Uni Bonn

Aufklärungskampagne über Grauen Star in Südindien

In Indien sind über 12 Millionen Menschen blind. Grund ist bei etwa jedem zweiten der leicht heilbare Graue Star. Betroffene im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu können sich am Sankara Eye Center in Coimbatore kostenfrei operieren lassen. Doch die Barrieren für die arme Landbevölkerung, dieses Angebot anzunehmen, sind hoch. Daher hat die Augenklinik des Universitätsklinikums Bonn vor zwei Jahren dort eine Aufklärungskampagne im Kampf gegen die Blindheit gestartet. Am 13. März fliegen jetzt ein Bonner Augenarzt und ein Medizinstudent für zwei Wochen nach Indien, um sich vor Ort von dem Erfolg ihres Projektes zu überzeugen.

Die gute medizinische Ausstattung am Sankara Eye Center in Coimbatore beeindruckte ihn sehr: Vor zwei Jahren war Doktorand David Kupitz das erste Mal für zwei Monate in der Provinz Tamil Nadu. Doch eine medizinische Versorgung auf hohem Niveau beschränkt sich wie meist in Indien nur auf die Großstadt. Gerade die arme Landbevölkerung kann sich diese nicht leisten. Daher organisiert das Sankara Eye Center wöchentlich Screening-Camps auf dem Land. Ziel ist es, unter den Dorfbewohnern Augenerkrankte zu identifizieren und medizinisch zu versorgen. So wird beispielsweise Patienten mit Grauem Star eine kostenlose Operation in Coimbatore inklusive Transport, Unterkunft, Verpflegung und Nachsorge angeboten.

Am dortigen Sankara Eye Center operiert ein hochspezialisiertes Team pro Tag bei 100 bis 150 dieser Patienten jeweils ein Auge. Sie tauschen das getrübte Linsenmaterial gegen eine klare künstliche Linse aus. Dabei stehen dem geringen Operationsrisiko gute Erfolge gegenüber. “Trotzdem wird dieses kostenlose Angebot oft nur sehr zögerlich angenommen. Teilweise besuchen die Betroffenen bis zu fünfmal ein Screening-Camp, bevor sie sich zu einer Operation entschließen können”, sagt Dr. Robert Finger, Assistenzarzt an der Bonner Universitäts-Augenklinik. Ziel des Forschungsprojektes unter seiner Leitung ist es, eine höhere Effizienz dieser Screening-Camps zu erreichen.

Angst vor Operation und Verdienstausfall

Als erstes zogen einheimische Interviewer mit von den Bonnern entwickelten Fragebögen von Ort zu Ort und befragten mit Unterstützung der Dorfältesten die Dorfbewohner. “Teilweise haben die Betroffenen Angst vor der Operation, sogar Angst vor dem Verlust des Auges”, berichtet Kupitz. Zudem sei es eine familiäre Entscheidung, die der Einzelne nicht allein treffe. So werden von den sehr armen Menschen Verdienstausfälle befürchtet, beispielsweise wenn die Großmutter nicht mehr auf die Kinder aufpassen kann oder sogar nach der Operation für eine Zeit pflegebedürftig ist. Zudem gehen viele von Kosten für die Nachsorge wie antientzündliche Augentropfen und Sonnenbrillen aus.

“Es ist wichtig, auf die Menschen zuzugehen und sie aufzuklären, damit jeder auch bei einer kleinen Augenverletzung und gut informiert zum Screening-Camp geht”, sagt Finger. Daher entwickelte Kupitz zusammen mit dem einheimischen Personal am Sankara Eye Center Informationsmaterialien über Grauen Star und andere Augenerkrankungen. Ergebnis waren Plakate in der Landessprache Tamil und vielen Fotos für Analphabeten sowie 10.000 Handzettel. Mit diesem Material gingen speziell geschulte einheimische Mitarbeiter direkt auf die arme Landbevölkerung in ihren Dörfern zu.

Zum Abschluss ihres Forschungsprojektes fliegt das Bonner Duo jetzt noch einmal nach Combaitore. “Aufgrund der bisherigen Rückmeldungen unserer Kollegen vom Sankara Eye Center ist die Aufklärungskampagne gut von der Landbevölkerung angenommen worden.” So konnte das Sankara Eye Centre beispielsweise sein Screening der Landbevölkerung optimieren und die Zahl der behandelten Patienten mit Grauem Star steigern. (Uni Bonn)



» Diesen Artikel via Mail weiterempfehlen





Schreiben Sie einen Kommentar »



Das könnte Sie auch interessieren:
Bild: Barbara Frommann/Uni Bonn

Bonn: Stadt und Universität wollen enger zusammenarbeiten

Die Bundesstadt Bonn und die Universität Bonn wollen künftig enger zusammenarbeiten, um Wissenschaft und internationale Einrichtungen am Standort Bonn produktiv miteinander zu vernetzen. Das sieht ein Kooperationsvertrag vor, den Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch und Rektor Prof. Dr. Jürgen Fohrmann am 09….

Bild: Rolf Müller / UKB

Prof. Andreas Müller neuer Leiter der Neonatologie am Uni-Klinikum Bonn

Prof. Dr. Andreas Müller ist neuer Leiter der Frühgeborenenmedizin am Zentrum für Kinderheilkunde des Universitätsklinikums Bonn. Als Leitender Oberarzt in der Bonner Universitäts-Neonatologie spezialisierte er sich unter anderem auf die Intensivmedizin bei Früh- und Neugeborenen. Neben der Betreuung Früh- und…

Forschungsprojekt: Mechanismen von Neurodermitis und Allergien

Grundlegende Mechanismen von Neurodermitis und Allergien untersucht ein Forscherteam des Universitätsklinikums Bonn mit Kollegen aus der Schweiz. Das Projekt wird vom Christine Kühne Center for Allergy Research and Education (CK-CARE) gefördert. In den nächsten fünf Jahren fließen mehr als zwei…

Rübenzystennematoden nutzen Sauerstoffradikale zur Nahrungsbeschaffung

Pflanzen haben im Lauf der Evolution „gelernt“, wie sie sich gegen Schmarotzer wehren können. Das Wachstum von parasitierenden Fadenwürmern unterbinden sie, indem sie mithilfe von Sauerstoffradikalen befallene Wurzelzellen absterben lassen. Rübenzystennematoden nutzen diese Abwehrstrategie des Wirts jedoch gezielt, um sich…

Uni Bonn: Neues Stipendium für Postdoktorandinnen

Postdoktorandinnen, die ein eigenständiges Forschungsvorhaben an der Universität Bonn realisieren möchten, können sich um das neue Wilhelmine Hagen-Stipendium bewerben. Es sieht drei Förderungen aus Gleichstellungs- und Fakultätsmitteln vor. Bewerbungsschluss ist der 20. Juni 2012, Beginn der Förderung am 1. Oktober…

Weitere Beiträge zum Thema: