6. Mai 2011, Uni Jena

Dennis Bock jüngster Professor für Strafrecht in Deutschland

Es ist der größte Korruptionsskandal in der Geschichte der deutschen Wirtschaft: Jahrelang soll die Siemens AG Schmiergelder in Millionenhöhe gezahlt haben, um an lukrative Aufträge im Ausland zu gelangen. Im Herbst 2006 aufgedeckt, dauert die juristische Aufarbeitung der Affäre bis heute an. „Dieser Fall läutete zugleich einen Paradigmenwechsel in der strafrechtlichen Forschung ein“, sagt Prof. Dr. Dennis Bock von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Der 32-Jährige ist gerade zum Inhaber des Lehrstuhls für deutsches und internationales Straf- und Strafprozessrecht sowie Wirtschaftsrecht ernannt worden – als jüngster Lehrstuhlinhaber der Universität Jena und bundesweit jüngster Professor für Strafrecht überhaupt. „Bis dato waren vor allem Delikte Angehöriger unterer Schichten Gegenstand der Forschung“, so der Jurist weiter. „Seit dem Siemens-Skandal rückt jedoch die Straffälligkeit von Managern und Unternehmensführern immer stärker in den Fokus.“

Auch Dennis Bock, der von der Uni Würzburg dem Ruf nach Jena folgte, widmet sich diesem ebenso brisanten wie volkswirtschaftlich relevanten Thema. Bevor er 2010 die Lehrprofessur in Würzburg antrat, hat er sich in seiner 2010 an der Universität zu Kiel abgeschlossenen Habilitationsschrift intensiv mit „Criminal Compliance“ befasst. „Dabei ging es im Wesentlichen um die Frage, was Unternehmen und Manager tun können und müssen, um Straftaten der eigenen Mitarbeiter zu verhindern“, erläutert Prof. Bock. Ausgehend vom konkreten Fall Siemens hat ihn vor allem interessiert, welche Faktoren das Risiko für Straftaten aus Unternehmen heraus überhaupt bestimmen. Zu vermuten ist: „Der Fall Siemens war kein Verschulden Einzelner, sondern die Bestechung durchaus Teil der Geschäftspolitik“, so der in Rendsburg in Schleswig-Holstein geborene Wissenschaftler. Auch wenn sich so etwas nicht hundertprozentig ausschließen lasse, das Risiko für Straftaten aus Unternehmen heraus sei begrenzbar, fand Bock heraus. Unternehmenschefs müssen ihre Mitarbeiter sorgfältig nach Zuverlässigkeit auswählen, sie schulen, überwachen und ggf. sanktionieren. Bei der Frage, was konkret rechtlich geboten ist – etwa wie häufig und intensiv man stichprobenartige Kontrollen vornehmen muss –, steckt allerdings der Teufel im Detail.

An dieses Thema will Prof. Bock nun auch in Jena anknüpfen, denn „da gibt es für die kommenden Jahre noch viel zu tun.“ Neben interessanten Forschungsprojekten freue er sich vor allem auf die Lehre. „Wer die nicht mag, ist als Wissenschaftler an einer Uni falsch“, ist er überzeugt. Dass er mit Anfang 30 nicht viel älter ist als mancher Student, sieht er dabei als Vorteil, schließlich liege sein eigenes Jura-Studium in Kiel und Rom gerade sieben Jahre zurück. Inhaltlich wird er die gesamte Breite des Fachs Strafrecht abdecken. „Jedoch fernab der reinen Lehrbuchkriminalität“, wie der jugendliche Lehrstuhlinhaber betont. Ihm gehe es darum, das Strafrecht anhand konkreter Rechtsprechung zu vermitteln. Deshalb sollen sich die Studierenden mit realen Straftaten und Gerichtsurteilen auseinandersetzen.

Neben Vorlesungen und Seminaren will Dennis Bock auch Lehrveranstaltungen „on demand“ anbieten. „Ich habe selber viel im Selbststudium gelernt und das als sehr effektiv in Erinnerung.“ Mit Lehrveranstaltungen, die sich individuell an jedem Ort und zu jeder Zeit abrufen lassen, käme man den Bedürfnissen vieler Studierender entgegen, ist der Computerfreak und intensive Internetnutzer überzeugt. Schließlich lasse sich Wissen nicht nur im strengen 90-Minuten-Takt vermitteln.

Obwohl erst seit kurzem in Jena, fühlt sich Dennis Bock hier auf Anhieb wohl. Derzeit ist er noch auf Wohnungssuche – eine Situation, die er mit einigen Studierenden teilt – und nutzt dabei jede Gelegenheit, die Stadt kennenzulernen. Er schätzt das Klima, die „echten Berge“, die es hier im Gegensatz zu seiner norddeutschen Heimat gibt ebenso, wie die zahlreichen Sportmöglichkeiten, die Stadt und Umgebung bieten, auch wenn der passionierte Fußballer noch nach einer passenden Mannschaft suchen muss. Jenas einziger Nachteil: „Das Meer ist so weit weg.“ (Uni Jena)



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