Bewegung vermindert Krebsrisiko
Körperliche Aktivität und Sport können nicht nur das Risiko, an bestimmten Krebsformen zu erkranken, vermindern, sondern ebenso das Wohlbefinden und Selbstvertrauen während einer Krebstherapie fördern. Gemeinsame Studien der Abteilung Sportmedizin an der Goethe-Universität und der Klinik für Onkologie und Hämatologie am Krankenhaus Nordwest belegen, dass Bewegung sowohl die unmittelbar tumorbedingten Symptome lindert, als auch Nebenwirkungen der Chemotherapie abschwächt. Doch viele Tumorpatienten und auch behandelnde Ärzte wissen über diese Programme nicht Bescheid, wie der Sportmediziner Prof. Winfried Banzer und die Onkologin Prof. Elke Jäger in der neuen Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ berichten.
Beginnen sollte man mit Bewegungstherapien schon im Krankenhaus nach der Akutphase der Behandlung, denn dadurch lässt sich bei vielen Patienten die Abnahme der Leistungsfähigkeit mindern und ihr Krankenhausaufenthalt verkürzen. Mehr als 60 Prozent der Patientinnen und Patienten leiden unter multifaktorieller Erschöpftheit oder dem „Fatigue-Syndrom“. Aktuelle Untersuchungen der Frankfurter Arbeitsgruppe „Sport und Krebs“ belegen eindrucksvoll, dass leichtes körperliches Training den Verarbeitungsprozess von Nebenwirkungen der Chemotherapie schon nach vier Wochen günstig zu beeinflussen vermag. Auch die Ausdauerleistungsfähigkeit verbessert sich. Die Betroffenen berichten über eine Steigerung der Lebensqualität und können ihren Alltag leichter bewältigen. Nach drei Monaten lässt sich darüber hinaus eine verbesserte Anpassungsfähigkeit des Herz-Kreislauf-Systems nachweisen.
Das moderate Ausdauer- und Krafttraining, das die Teilnehmer der Studie absolvieren, findet unter professioneller Anleitung statt. In enger Abstimmung entscheiden die Onkologin und der Sportmediziner zunächst, ob medizinische Gründe gegen das Training sprechen. Eine sportmedizinische Eingangsuntersuchung steckt dann den Rahmen für das individuelle Programm ab. Empfohlen werden in der Regel Trainingseinheiten von 30 Minuten an drei Tagen pro Woche. In den ersten 24 Stunden nach einer Chemotherapie sollte man sich, wenn überhaupt, nur leicht körperlich betätigen. Demgegenüber kann während einer Chemotherapie, die aus mehreren Zyklen besteht, an den behandlungsfreien Tagen trainiert werden. Das Training in einer Gruppe erhöht erfahrungsgemäß die Motivation, weil es sozialen Rückhalt und Anerkennung mit sich bringt.
Langfristig aktiv zu bleiben ist wichtig, denn dadurch mindert sich auch das Risiko eines Rückfalls. Dennoch gibt es gerade bei längerfristig orientierten Programmen hohe Abbrecherquoten. Ersten Frankfurter Ergebnissen zufolge benötigen insbesondere Krebspatienten, die bereits bei der Eingangsuntersuchung unterdurchschnittliche Ausdauer zeigten, kontinuierliche Unterstützung. Für sie müssen spezielle Bewegungsprogramme mit niedriger Einstiegshürde und einer als wenig belastend empfundenen Aktivität konzipiert werden. Die an der Goethe-Universität entwickelte Bewegungs- und Sportberatung bietet deshalb zusätzlich zu den strukturierten Dauerangeboten auch zeitliche und räumliche Unabhängigkeit, verbunden mit einer individualisierten Übungs- und Trainingsplanung. Die Patienten empfinden die persönliche Betreuung als zusätzliche Motivationsstütze, körperlich aktiv zu bleiben. Drei Viertel der Teilnehmer berichten, dass sie auch nach Abschluss der persönlichen Betreuung ihr Trainingsprogramm beibehalten.
Während in der Brustkrebsnachsorge bundesweit circa 800 Sportgruppen bestehen, fehlen adäquate Angebote für Patienten mit anderen Tumorarten oder in anderen Krankheitsstadien. Diese Lücke soll durch ein von der Wiesbadener Stiftung „Leben mit Krebs“ gefördertes Projekt geschlossen werden. Die ersten Sportgruppen wurden bereits 2005 in der Onkologischen Klinik im Krankenhaus Nordwest gegründet. Seit Mai 2009 existiert in der Abteilung Sportmedizin der Goethe-Universität eine von Sporttherapeuten betreute Trainingsgruppe für Patientinnen und Patienten aller Krebsarten unabhängig von der jeweiligen Behandlungsphase. „Leider wissen die wenigsten Tumorpatienten über die nachweisbaren Effekte körperlicher Aktivität bei Krebs und entsprechende Bewegungsprogramme Bescheid“, bedauert Prof. Winfried Banzer. Eine Befragung der Abteilung Sportmedizin von 317 Krebspatienten ergab, dass zwei Drittel sich mehr Informationen wünschten, insbesondere durch die behandelnden Ärzte. Auch die bestehenden Angebote seien bei einem Großteil der Patienten nicht bekannt gewesen. Zusätzlich zu einer besseren Aufklärung wünscht sich Prof. Banzer, dass die Versorgung mit Bewegungsangeboten flächendeckend ausgebaut wird.
(Uni Frankfurt)
» Diesen Artikel via Mail weiterempfehlen
Schreiben Sie einen Kommentar »
Einfluß von Aminen bei der Bildung von Aerosolteilchen
Neue Einblicke in die Wolkenbildung haben Forscher der Frankfurter Goethe-Universität gewonnen. Sie haben herausgefunden, dass Amine möglicherweise eine wichtige Rolle bei der Bildung von Aerosolteilchen haben: Sie fungieren als eine Art „Superkleber“. Aerosolteilchen wirken wesentlich bei der Wolkenbildung mit. Denn…
Duft weißer Trüffel stammt von Bodenbakterien
Trüffel gehören, zusammen mit Kaviar, zu den teuersten Lebensmitteln weltweit. Weil sie unterirdisch wachsen, spürt sie der Mensch mithilfe abgerichteter Hunde oder Schweine auf. Der charakteristische Geruch ist aber nicht nur für Feinschmecker interessant. Eine Gruppe deutsch-französischer Wissenschaftler unter Federführung…
Bewegungsmuster zur Touchscreen-Nutzung bei Kleinkindern
Ob Tablet-Computer oder Smartphone – Touchscreens lassen sich kinderleicht und intuitiv bedienen: berühren, wischen, zoomen. Bereits als Kleinkind erschließen wir uns diese sensomotorischen Fähigkeiten. Wenn Kinder zwischen acht und 13 Monaten beginnen, mit ihrem Zeigefinger den Brei auf der Tischplatte…
Schnellere Produktion von Bioethanol aus Abfällen
Hefen schmeckt der hochwertige Zucker Glucose besser als die aus Pflanzenresten gewonnene Xylose. Deshalb vergären sie den Abfallzucker erst dann zu Bioethanol, wenn es keine Glukose mehr gibt. Das verlängert die Produktionszeiten und verursacht dadurch höhere Kosten. In der renommierten…
“100 Jahre Goethe-Uni”-App
Die Goethe-Universität wird 100 Jahre alt und alle können mitfeiern – auch dank der neuen Jubiläums-App, die in Zusammenarbeit mit dem Berliner Startup Guidewriters entstanden ist. Die „100 Jahre Goethe-Uni“-App ist der digitale Wegbegleiter durch das Jubiläumsjahr der Goethe-Universität. Weit…