Forschungsprojekt zu Fehlbildungen in Enddarm und Harntrakt
Jedes zweitausendste Kind in Deutschland kommt ohne natürlichen Darmausgang zur Welt. Die Ursachen dieser schweren Fehlbildung sind noch weitgehend unbekannt. Das Bundeministerium für Bildung und Forschung fördert nun ein neues Netzwerk (CURE-Net, Network für Congenital Uro-Rectal Malformations), das diese Forschungslücke schließen soll. Das Kooperationsprojekt wird von der Universität Bonn, dem Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg und dem Max-Planck-Institut für molekulare Genetik in Berlin geleitet.
Im Fokus der Forscher stehen schwere angeborene Fehlbildungen von Enddarm und Harntrakt. Deutschlandweit sind jährlich knapp 350 Säuglinge betroffen. Sie müssen häufig direkt nach der Geburt operiert werden und leiden oft ihr Leben lang unter einer Stuhl- und/oder Harninkontinenz. Ihre Lebensqualität ist daher gravierend beeinträchtigt.
“Über die genauen Ursachen derartiger Fehlbildungen wissen wir bislang recht wenig”, erklärt Dr. Heiko Reutter vom Bonner Institut für Humangenetik, Verbundkoordinator des Netzwerks. “Eine der Hauptursachen dürften aber spontane Veränderungen im Erbgut sein. Wir wollen herausfinden, welche Gene von derartigen de novo Mutationen betroffen sind.”
Dazu wollen die Wissenschaftler in betroffenen Familien das Genom der Eltern und der kleinen Patienten analysieren und miteinander vergleichen. Sie hoffen so, Kandidatengene zu identifizieren, deren Funktion sie dann in Mausexperimenten genauer untersuchen können. Diese Experimente werden am Max-Planck-Institut für molekulare Genetik in Berlin unter Leitung von Professor Dr. Bernhard G. Herrmann durchgeführt.
“Das ist aber nur ein Aspekt, der uns interessiert”, betont Reutter. “Wir wollen auch herausfinden, welche weiteren Faktoren das Krankheitsbild und die Lebensqualität der Betroffenen beeinflussen.” So erhoffen sich die Forscher Aussagen darüber, welche chirurgischen Therapieoptionen besonders Erfolg versprechend sind. Dazu wurde am Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg unter Leitung von Dr. Ekkehart Jenetzky ein deutschlandweites, anonymisiertes Register zur Erfassung von betroffenen Neugeborenen eingerichtet.
Die Fehlbildungen belasten die Betroffenen oft auch psychisch enorm. Viele von ihnen versuchen, die Krankheit zu verheimlichen. Aus Angst vor Zurückweisung meiden sie Intimkontakte, zumal oft auch Sexualfunktion und Fruchtbarkeit beeinträchtigt sind. Die Projektpartner wollen daher interdisziplinäre Behandlungskonzepte entwickeln, die nicht nur auf eine Verbesserung der körperlichen, sondern auch der psychischen Situation zielen.
Unterstützt werden die Forscher durch die Familien und Betroffenen der beiden großen deutschen Patientenorganisationen SoMA e.V. (Selbsthilfeorganisation für Menschen mit Anorektalfehlbildungen) und der Selbsthilfegruppe Blasenekstrophie / Epispadie.
Weitere Informationen gibt es unter http://www.cure-net.de/. (Uni Bonn)
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