Rollenspiele für schwere Patientengespräche an der Uni Bonn
Jeder Arzt kennt die Situation, Todkranken und deren Angehörigen schwerwiegende Nachrichten überbringen zu müssen. So lernen angehende Mediziner in dem relativ neuen Pflichtfach Palliativmedizin nicht nur deren Grundlagen und Maßnahmen zur Symptomkontrolle, sondern setzen sich auch mit psychosozialen, ethischen und rechtlichen Aspekten sowie Kommunikation auseinander. Am Universitätsklinikum Bonn können Studenten jetzt solche Aufklärungsgespräche auch in Rollenspielen mit Schauspiel-Patienten üben. Ziel ist es, sie sensibel für den Umgang mit Sterbenden zu machen.
Sie ist 24 Jahre und ihr bösartiges Melanom ist austherapiert. Eine relativ fitte 84-Jährige hat sich noch gar keine Gedanken über eine Patientenverfügung gemacht: In insgesamt sechs unterschiedliche Rollen schlüpfen 15 Darsteller, um mit Medizin-Studenten schwierige Patienten-Gespräche zu üben. “Die besondere Herausforderung liegt zum einen in der menschlich sehr schweren Situation der Patientenrolle, zum anderen in der Balance zwischen Professionalität und Anteilnahme auf Seiten der Arztrolle”, sagt Dr. Felix Grützner, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Palliativmedizin.
Als Koordinator ist er unter anderem zuständig für Casting, Besetzung und “Spielpläne”. Die Darsteller kommen aus der Seniorentheatergruppe “Bühnengeister”, der studentischen Schauspielgruppe “S.U.B.-Kultur” an der Universität Bonn sowie der Statisterie der Oper Bonn oder sie sind Ehrenamtliche des Ambulanten Palliativdienstes des Malteser-Krankenhauses Bonn/Rhein-Sieg. Die Motivation ihres ehrenamtlichen Engagements ist, dass die angehenden Ärzte sich später nicht – wie heute häufig Realität – schwierigen Gesprächen durch eine professionell-distanzierte Haltung entziehen.
“Das Rollenspiel mit Schauspiel-Patienten eröffnet den Studenten die Chance, in einer relativ realistischen, aber auch geschützten Szenerie unter Anleitung Kommunikation zu üben. Wir wollen unter anderem eine Sensibilität für die eigene Sprache, Haltung und Emotionalität wecken sowie auf schwierige Gespräche in der künftigen Berufstätigkeit vorbereiten”, sagt Professor Dr. Lukas Radbruch, Direktor der Klinik für Palliativmedizin am Universitätsklinikum Bonn. “So können die Studenten lernen, dass die Fähigkeit, in schwierigen Situationen gesprächsbereit und einfühlsam zu reagieren, eine Schlüsselqualifikation ihres gewählten Berufs ist.”
Die rund 120 Studierenden im vierten klinischen Semester sind in drei Blockwochen à 40 Teilnehmer eingeteilt. Innerhalb der jeweiligen Blockwoche treffen sie sich in Kleingruppen an zwei halben Tagen mit den Schauspiel-Patienten. Die jeweils 10-minütigen Gespräche werden von Ärzten und wissenschaftlichen Mitarbeitern des Lehrstuhls moderiert und begleitet. Die anschließende Auswertung erfolgt nach festgelegten Feedback-Regeln. Schauspiel-Patient und spielender Student haben die ersten Worte, es folgen die Kommilitonen in der Kleingruppe, zuletzt der Moderator. Durch das Rotationsprinzip werden nahezu alle Studierenden einmal in die Rolle des Arztes schlüpfen. (Uni Bonn)
» Diesen Artikel via Mail weiterempfehlen
Schreiben Sie einen Kommentar »
Bonn: Stadt und Universität wollen enger zusammenarbeiten
Die Bundesstadt Bonn und die Universität Bonn wollen künftig enger zusammenarbeiten, um Wissenschaft und internationale Einrichtungen am Standort Bonn produktiv miteinander zu vernetzen. Das sieht ein Kooperationsvertrag vor, den Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch und Rektor Prof. Dr. Jürgen Fohrmann am 09….
Prof. Andreas Müller neuer Leiter der Neonatologie am Uni-Klinikum Bonn
Prof. Dr. Andreas Müller ist neuer Leiter der Frühgeborenenmedizin am Zentrum für Kinderheilkunde des Universitätsklinikums Bonn. Als Leitender Oberarzt in der Bonner Universitäts-Neonatologie spezialisierte er sich unter anderem auf die Intensivmedizin bei Früh- und Neugeborenen. Neben der Betreuung Früh- und…
Forschungsprojekt: Mechanismen von Neurodermitis und Allergien
Grundlegende Mechanismen von Neurodermitis und Allergien untersucht ein Forscherteam des Universitätsklinikums Bonn mit Kollegen aus der Schweiz. Das Projekt wird vom Christine Kühne Center for Allergy Research and Education (CK-CARE) gefördert. In den nächsten fünf Jahren fließen mehr als zwei…
Rübenzystennematoden nutzen Sauerstoffradikale zur Nahrungsbeschaffung
Pflanzen haben im Lauf der Evolution „gelernt“, wie sie sich gegen Schmarotzer wehren können. Das Wachstum von parasitierenden Fadenwürmern unterbinden sie, indem sie mithilfe von Sauerstoffradikalen befallene Wurzelzellen absterben lassen. Rübenzystennematoden nutzen diese Abwehrstrategie des Wirts jedoch gezielt, um sich…
Uni Bonn: Neues Stipendium für Postdoktorandinnen
Postdoktorandinnen, die ein eigenständiges Forschungsvorhaben an der Universität Bonn realisieren möchten, können sich um das neue Wilhelmine Hagen-Stipendium bewerben. Es sieht drei Förderungen aus Gleichstellungs- und Fakultätsmitteln vor. Bewerbungsschluss ist der 20. Juni 2012, Beginn der Förderung am 1. Oktober…