20. Januar 2011, Uni Konstanz

Kulturelle Transformationsprozesse am Beispiel christlicher Hebraica

Wie ein ursprünglich sakrales Modell auf die Politik der frühen Neuzeit übertragen wird, zeigt Privatdozentin Dr. Sina Rauschenbach in ihrer öffentlichen Antrittsvorlesung „Politik übersetzen: Israel in den Niederlanden der frühen Neuzeit“ am Montag, 24. Januar 2011, um 20.15 Uhr im Hörsaal A 703 der Universität Konstanz auf. Die Historikerin befasst sich darin mit der Rezeption jüdischer Quellen in den reformierten Niederlanden des 17. Jahrhunderts.

Im späten 15. Jahrhundert setzt in der christlichen Theologie ein Paradigmenwandel ein, der in den Niederlanden des 17. Jahrhunderts zu einem Höhepunkt kommt: Jüdische Quelltexte werden nicht mehr im mittelalterlichen Geist gelesen, um sie zu Missionierungszwecken „gegen“ Juden einzusetzen, sondern um selbst daraus zu lernen und um aus ihnen Gewinn für sich selbst zu ziehen. Jüdische Quellen wurden in theologischen Disputen zwischen christlichen Gelehrten herangezogen, sie wurden jedoch auch für politische Zwecke eingespannt: Der Rückbezug auf die sakralen Texte war einerseits ein Versuch, um amtierende Herrschaftsmodelle zu legitimieren, und diente andererseits zur Rechtfertigung des Unabhängigkeitskrieges gegen Spanien. „Das alte Israel wurde als politisches Modell gelesen“, erläutert Sina Rauschenbach. „Die Gelehrten haben das Alte Testament gelesen, aber auf die Politik ihrer Gegenwart bezogen.“ Im selben Maße, wie diese „Übersetzung“ der heiligen Schriften in die zeitgenössische Politik eine Sakralisierung der niederländischen Staatsführung darstellte, säkularisierte sie andererseits die sakralen Quellen.

Sina Rauschenbach studierte Mathematik und Philosophie an der Freien Universität Berlin. Sie wurde im Jahr 2000 in Berlin mit einer philosophischen Dissertation promoviert, 2010 folgte ihre Habilitation an der Universität Konstanz mit einer geschichtswissenschaftlichen Arbeit zur jüdi-schen Gemeinde im Amsterdam der frühen Neuzeit. Zu ihren Forschungsgebieten zählen jüdische Philosophie und jüdische Geschichte, Wissens- und Wissenschaftsgeschichte, interkulturelle Kommunikation und Kulturtransferprozesse mit einem Schwerpunkt auf der frühen Neuzeit. (Uni Konstanz)



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