Regenerierungsfähigkeit der Natur nach Abbau von Rohstoffen
Waren es früher Gold, Silber oder Eisenerz, sind es heute Kupfer, Aluminium und vor allem die Seltenen Erden: Metallische Rohstoffe sind für die Industriegesellschaften der westlichen Welt unentbehrlich. Seit Jahrhunderten werden Lagerstätten erschlossen und Erze abgebaut. Doch wovon die Industrie profitiert, ist für die Natur oft ein Desaster: Sind die Minen ausgebeutet, bleiben nicht nur zerstörte Landschaften zurück. „Der Boden und das Grundwasser sind oft schwer belastet“, sagt Prof. Dr. Erika Kothe von der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Wie sich die Regenerierungsfähigkeit der Natur an solch verwundeten Orten in verschiedenen Klimazonen Europas wieder zum Leben erwecken lässt, dafür hat der interdisziplinäre Forschungsverbund „UMBRELLA“ jetzt Handlungsempfehlungen vorgelegt. Die Hauptrolle darin spielen Mikroorganismen. „UMBRELLA“, das von der Europäischen Union geförderte Projekt, steht für Using MicroBes for the REgulation of heavy metaL mobiLity at ecosystem and landscape scAle – also die Regulierung der Schwermetallbelastung durch Mikroben.
„Es gibt viele Bakterien, die Schwermetalle wie Cadmium, Nickel oder Kupfer aufnehmen und speichern können“, erläutert Prof. Kothe. „Siedelt man auf den kontaminierten Halden die richtigen Mikroben an, so entziehen diese dem Boden die Schwermetalle“, sagt die Professorin für Mikrobielle Kommunikation, die „UMBRELLA“ koordiniert hat. Daneben können geeignete Pflanzen die Sanierungsprozesse unterstützen, da sie Schwermetalle gezielt aufnehmen. Sind die Pflanzen unbelastet, können sie als Energiepflanzen verwendet werden, während sie mit den giftigen Stoffen verbrannt und deponiert werden können.
Im Rahmen von „UMBRELLA“ haben in den vergangenen drei Jahren Wissenschaftler aus acht europäischen Ländern Konzepte entwickelt, die zeigen, wie für unterschiedliche Regionen mit spezifischen Kontaminationen jeweils ein optimales Konsortium aus Mikroben und Pflanzen zusammengestellt werden kann. Diese hat das „UMBRELLA“-Team an sechs verschiedenen Bergbau-Standorten in ganz Europa getestet, darunter in Rumänien, Schweden, auf Sardinien und in der Wismutregion, dem ehemaligen Uranerzbergbaugebiet in Ostthüringen und Sachsen.
Ein universelles Sanierungskonzept, so das Ergebnis von „UMBRELLA“, gibt es allerdings nicht. Denn so unterschiedlich die Metallbelastung an den einzelnen Standorten ist, so unterschiedlich sind auch die Mikroben, die sich dort wohlfühlen. Und das nicht nur hinsichtlich ihres Metall-Appetits, sondern auch im Zusammenleben mit anderen Organismen oder im Austausch mit der unbelebten Umgebung. „Um einen Standort effizient zu sanieren, muss er daher zunächst umfassend charakterisiert werden“, sagt Prof. Kothe. Welche Mikroorganismen leben vor Ort und welche davon sind gegen Schwermetalle resistent? Welche Pflanzen wachsen und welche Mykorrhizapilze können die Schwermetallaufnahme in die Pflanzen unterstützen? Neben Mikrobiologen gehörten auch Geowissenschaftler zum Jenaer Team von „UMBRELLA“. Sie haben u. a. Erkenntnisse über die Verteilungswege der Metalle im Boden und im Wasser beigesteuert, die für die Sanierung ebenfalls entscheidend sind.
Von „UMBRELLA“, davon ist Prof. Kothe überzeugt, werde langfristig nicht nur die Natur in ehemaligen Bergbauregionen profitieren können. „Dank der guten Kooperation in unserem Verbund bot sich vor allem motivierten Nachwuchsforschern die Chance, sich bei den internationalen Partnern weiterzuqualifizieren“, so die Prorektorin für den wissenschaftlichen Nachwuchs und Gleichstellung der Universität Jena. Viele Doktoranden der beteiligten Forschergruppen haben im Rahmen von „UMBRELLA“ die Möglichkeit genutzt, für einige Monate im Ausland zu forschen. 8Uni Jena)
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