Leuchtturm-Preis 2012 für Präventionsprojekt HUCKEPACK
Kinder im Vorschulalter, die Schwierigkeiten haben, ihre eigenen Emotionen zu kontrollieren, laufen Gefahr, mit steigendem Alter immer aggressiveres Verhalten an den Tag zu legen. Diese Beobachtung ist Grundlage für das Projekt HUCKEPACK, das die Professur für Allgemeine Psychologie und Biopsychologie der Technischen Universität Chemnitz seit April 2009 umsetzt. HUCKEPACK ist ein Training sozialer Kompetenzen, in dem Kinder im Vorschulalter lernen, die eigenen Emotionen zu regulieren und Konfliktsituationen zu lösen.
Geleitet wird das Projekt von Prof. Dr. Udo Rudolph, Inhaber der Professur Allgemeine und Biopsychologie. Er erhält stellvertretend für das HUCKEPACK-Team, dem auch Mitarbeiter und Studierende des Instituts für Psychologie angehören, den mit 8.000 Euro dotierten Leuchtturm-Preis 2012 der Stiftung Ravensburger Verlag. Die Stiftungsvorsitzende Dorothee Hess-Maier erklärte zur Auswahl des Preisträgers: “Der Psychologe Prof. Dr. Udo Rudolph hat sich mit seinem Präventionsprojekt große Verdienste in der frühzeitigen Vorbeugung von Aggression bei Kindern und somit auch der Prävention von Gewaltneigung bei Jugendlichen und Erwachsenen erworben. Wir hoffen, dass das Chemnitzer Modell, die wissenschaftlichen Erkenntnisse wie auch die vielfältigen Praxiserfahrungen in der Arbeit mit Kindern, Eltern und Erzieherinnen überregionale Verbreitung finden und zu ähnlichen Initiativen an anderen Orten führen. Eine gelungene Prävention kann dazu beitragen, der Gesellschaft Kosten zu ersparen, und ihr volkswirtschaftlicher Nutzen ist nicht zu unterschätzen.” Die Preisverleihung findet am 19. November 2012 in Berlin statt. “Der Preis ist eine großartige Anerkennung für die Arbeit der vielen tatkräftigen Hände in den vergangenen Jahren”, sagt Prof. Rudolph und ergänzt: “Mit dem Preisgeld können wir Arbeitsmaterialien für unsere Mentoren und Mentees anschaffen. Zudem haben wir so die Chance, weitere Elternworkshops anzubieten.”
Eingebunden in das Projekt sind 21 Kindertagesstätten in und um Chemnitz. Die Vorschulkinder dieser Kitas werden spielerisch diagnostiziert. Von jährlich 1.500 untersuchten Vier- bis Sieben-Jährigen werden inzwischen rund 50 in die Betreuung aufgenommen – das Einverständnis der Eltern vorausgesetzt. “Wir identifizieren anhand unserer Diagnostik mehr Mädchen mit einem solchen Förderbedarf als in der gegenwärtigen Literatur angenommen wird”, sagt Stephanie Laux, die an der Professur Allgemeine und Biopsychologie arbeitet und den HUCKEPACK Kinderförderung e.V. als Geschäftsführerin leitet. Von den Vorschulkindern, die aktuell betreut werden, sind circa 20 Prozent Mädchen. Insgesamt haben in den vergangenen drei Jahren bereits rund 100 Kinder von HUCKEPACK profitiert. Sie werden mindestens für die Dauer eines Jahres durch einen Mentor betreut. Das Team aus sechs Mitarbeitern der Professur wird unterstützt von Studierenden der TU. Bislang haben sich 105 Studierende im Rahmen ihres Studiums als Mentoren an HUCKEPACK beteiligt. Sie kommen nicht nur aus dem Fach Psychologie, sondern beispielsweise auch aus der Pädagogik und der Soziologie sowie aus dem Studiengang Sensorik und kognitive Psychologie.
Das Präventionsprojekt schult die emotionalen Kompetenzen der Kinder. Sie lernen, eigene Gefühle zu verstehen und Gefühle bei anderen Menschen zu erkennen. Anhand spielerischer Trainingsbausteine lernen sie, ihre Emotionen zu regulieren und Konfliktsituationen mit Gleichaltrigen konstruktiv zu lösen. Zusätzlich bietet HUCKEPACK Workshops für Eltern sowie Fortbildungen für Kindertagesstätten an. “Je früher Kinder hinsichtlich ihres sozialen Verhaltens Schwierigkeiten aufweisen, desto stabiler ist in der Regel das ungünstige Verhalten: Mit steigendem Alter verfestigen sich Verhaltensmuster immer stärker, was Interventionen bei älteren Kindern dann zunehmend erschwert”, erklärt Prof. Rudolph den Ansatzpunkt des Projektes. Langzeitstudien zeigten, dass geeignete Angebote im Vorschulalter oftmals über den gesamten weiteren Lebensweg positive Wirkungen entfalten. Und auch das HUCKEPACK-Team kann bisher eine positive Bilanz ziehen: “Kinder, die im Rahmen von HUCKEPACK das einjährige Mentoring durchliefen und in Bezug auf ihre sozialen und emotionalen Kompetenzen trainiert wurden, zeigen nach diesem Jahr deutliche Veränderungen in ihrer sozialen Wahrnehmung”, sagt Laux und ergänzt: “Die Kinder verstehen und interpretieren nach dem Training soziale Situationen deutlich besser und adäquater als Kinder, die kein solches Training durchliefen. Dies äußert sich zum Beispiel darin, dass sie anderen Kindern in geringerem Maße böse Absichten unterstellen.” Zudem zeige sich nach dem Training auch eine Abnahme aggressiver Verhaltenstendenzen bei den Mentees. Die Kinder seien besser in die Gruppe integriert. Die Nachfrage im Raum Chemnitz ist groß: “Uns erreichen vielzählige Anfragen durch interessierte Eltern, Kitas wie auch andere Einrichtungen, denen wir in diesem Umfang gar nicht mehr gerecht werden können. Die Nachfrage ist um einiges größer als die Ressourcen, die uns zur Betreuung all dieser potenziellen HUCKEPACK-Kinder zur Verfügung stehen.” (TU Chemnitz)
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