4. Januar 2010, Aktuelles, Medizin, Uni Greifswald

Erhöhung der Sicherheit von Bluttransfusionen

Wissenschaftlern der Universität Greifswald und des Blutspendedienstes des DRK West ist ein Durchbruch zur Erhöhung der Sicherheit von Bluttransfusionen gelungen, wie die renommierte Fachzeitschrift „Nature Medicine“ (www.nature.com) berichtet. Die Greifswalder Arbeitsgruppen Transfusionsmedizin unter Leitung von Prof. Andreas Greinacher und Funktionelle Genomforschung mit Prof. Uwe Völker haben zusammen mit der Arbeitsgruppe Leukozytenimmunologie des DRK-Blutspendedienstes West in Hagen (Nordrhein-Westfalen) unter der Leitung von Prof. Jürgen Bux und Frau Dr. Angelika Reil den bislang unbekannten Träger einer „Blutgruppe“ auf weißen Blutkörperchen identifiziert, der für Komplikationen bei Bluttransfusionen verantwortlich ist.

„Diese Entdeckung wird wesentlich dazu beitragen, einer schwerwiegenden Lungenschädigung nach Blut-Transfusionen vorzubeugen, nämlich der sogenannten TRALI-Reaktion (Transfusions-assoziierte akute Lungeninsuffizienz)“, erklärte Prof. Andreas Greinacher, Leiter der Abteilung Transfusionsmedizin am Greifswalder Institut für Immunologie und Transfusionsmedizin.

Das Risiko für eine TRALI-Reaktion infolge einer Bluttransfusion ist um ein Vielfaches höher als das Risiko für die Übertragung einer HIV- oder Hepatitis-C-Infektion. Eine wichtige Ursache lebensbedrohlicher TRALI-Reaktionen sind Antikörper im Blut des Spenders, die mit der Blutkonserve auf den Patienten übertragen werden und sich an ein Blutgruppen-Protein der weißen Blutkörperchen (Granulozyten) binden. Dadurch verklumpen die weißen Blutkörperchen, sodass die feinen Blutgefäße der Lunge verstopfen. Die Lunge wird geschädigt, wodurch es zu einem Lungenödem kommt.

„Für den Blutspender selbst, der diese Antikörper gebildet hat, sind diese völlig ungefährlich, er ist gesund. Die Antikörper sind nur gefährlich, wenn sie mit dem Blut auf einen anderen Menschen übertragen werden“, erläuterte der Transfusionsmediziner. Durch die Arbeit der Greifswalder und Hagener Wissenschaftler wird es zukünftig möglich sein, diese Antikörper bei Blutspendern leichter nachzuweisen, um die häufigste tödliche Bluttransfusionsreaktion zu vermeiden.

Seit vielen Jahren haben Wissenschaftler versucht, die Struktur dieser Blutgruppe auf weißen Blutkörperchen aufzuklären. Die Greifswalder und Hagener Wissenschaftler haben hierfür drei Jahre intensive Forschungsarbeit investiert, in denen sie große Menge weißer Blutkörperchen aufbereitet und anschließend mit den gefährlichen Antikörpern nach möglichen Zielstrukturen molekularbiologisch „geangelt“ haben. Aus einer winzigen Menge des Proteins haben die Forscher dann dessen einzelne Aminosäuren (Bausteine des Proteins) identifiziert und mit Hilfe der Daten des Humanen Genomprojektes von der Reihenfolge der Aminosäuren das entsprechende Gen geschlossen. In einem nächsten Schritt wurde das entsprechende Gen in Bakterien eingeschleust, sodass dieses Blutgruppenprotein jetzt gentechnologisch in großen Mengen hergestellt werden kann. „Dadurch wird es bald weltweit möglich sein, Blutspender präventiv auf die entsprechenden Antikörper zu untersuchen und mögliche Komplikationsrisiken zu reduzieren“, machte Greinacher deutlich. (Uni Greifswald)



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