Verfahren zur Versteigerung der neuen Mobilfunklizenzen im 800MHz-Band
Auf der 10. Konferenz Mobile Communications, Technologien, Märkte und Anwendungen (MCTA2010), zu der die Augsburger Forschungsgruppe wi-mobile Anfang Februar nach Berlin eingeladen hatte, wurde ein aktuelles Thema besonders kontrovers diskutiert: Das Verfahren zur Versteigerung der neuen Mobilfunklizenzen im 800MHz-Band (Digitale Dividende), das im März 2010 anlaufen soll. Als weniger attraktiv gilt das ebenfalls angebotene UMTS-Erweiterungsband bei 2,6 MHz, wo die fünffache Menge an Frequenzen versteigert wird.
Interesse an der Digitalen Dividende
“Das große Interesse der Mobilfunker am 800 MHz-Frequenzband hat gleich drei Gründe”, sagt Dr. Michael Herzog, Experte für Mobilkommunikation an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, der die Diskussion moderierte. Im Gegensatz zum UMTS-Erweiterungsband würden im vergleichsweise kleinen 800 MHz Spektrum deutlich größere Reichweiten in der Fläche erzielt und damit weniger Sendemasten benötigt, was der Versorgung des ländlichen Raumes zugutekommen soll. Aber auch in Städten haben die Funkwellen im 800er Band einen deutlichen Vorteil: Sie durchdringen bauliche Hindernisse wesentlich leichter, was den Empfang in Gebäuden befördert. Laut Herzog wirken vor allem die extrem niedrigen Kosten für die Aufrüstung der vorhandenen D1- und D2-Netze im benachbarten 900er Band mit der neuen 800 MHz Technik als heimlicher Wettbewerbsvorteil für die Anbieter T-Mobile und Vodafone, sollten sie die Frequenzen ersteigern.
Fairness des Vergabeverfahrens
Die bisher im 900er Band gering vertretenen Anbieter E-Plus und O2 sehen sich dagegen massiv benachteiligt. Dr. Gunnar Bender, Director Corporate Affairs bei E-Plus und Mitglied der Geschäftsleitung, vergleicht das jetzt anlaufende Verfahren mit der Versteigerung von Äpfeln auf dem Schulhof. “Was ist daran gerecht, wenn die neuen Erstklässler genauso bei der Versteigerung behandelt werden wie Viertklässler, die sich ihren dritten oder vierten Apfel ersteigern können, während der Erstklässler leer ausgeht?”
Stefanie Wagner von der Bundesnetzagentur sieht ihre Behörde dagegen als Anwalt der Verbraucher und verteidigt das komplizierte mehrstufige Verfahren zur Versteigerung, das mit massiven Auflagen an die erfolgreichen Bieter verbunden ist. “Wir versteigern maximal vier der sechs Frequenzblöcke an einen Bieter. Auch stellen unsere Auflagen sicher, dass 80 Prozent der Bewohner in ländlichen Gebieten bis 2016 mit Breitband-Netzabdeckung versorgt werden müssen.” Allerdings räumte sie ein, dass Überprüfungs- und Sanktionierungsmechanismen für diese Auflagen derzeit noch ungeklärt sind. Wettbewerbsverzerrungen würden sich aber bisher nicht abzeichnen, stünden doch bereits sechs fachlich geprüfte Anbieter fest, die für die freien Frequenzen im 800er Band ernsthaftes Interesse angemeldet hätten. Besonders empört reagierte sie auf den Vorwurf der maximalen Gewinninteressen der Politik auf Kosten des Marktes und betonte die Unabhängigkeit ihrer Behörde vom Bundesfinanzministerium.
Dr. Key Pousttchi, Leiter der Forschungsgruppe wi-mobile an der Universität Augsburg, sieht die Sache jedenfalls kritisch: “Wir wollen hoffen, dass es nicht ausgeht wie bei der Versteigerung im Jahr 2000, wo ein gieriger Staat und wenig sinnvoll handelnde Marktteilnehmer gemeinsam ein sehr fragwürdiges Ergebnis herbeiführten, das den Ausbau der 3G-Netze einige Jahre gekostet hat.”
Konferenz MCTA 2011
Die Ausdifferenzierung des Mobilfunkmarktes ebenso wie mobile Geschäftsprozesse und Mobile Financial Services werden auch wieder Thema der 11. Konferenz MCTA sein, die am 31. Januar und 1. Februar 2011 wieder in Berlin stattfinden wird. Weitere Informationen werden zeitgerecht unter www.mcta.de verfügbar sein. (Uni Augsburg)
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