Eigenschaften von embryonalen Stammzellnetzwerken
Embryonale Stammzellen (ES) haben ein unschätzbares Potential für die regenerative Medizin. Gerade beginnt die Wissenschaft zu verstehen wie die vielfältigen Entwicklungsmöglichkeiten (“Pluripotenz”) der ES-Zellen entstehen. Das Pou5f1/Oct4 Protein ist dabei einer der wichtigsten Stammzellfaktoren. Im Gegensatz dazu weiß man leider noch wenig über Struktur und Funktion des regulatorischen Netzwerkes, das von Pou5f1/Oct4 gesteuert wird. Dieses Netzwerk kann Pluripotenz aufrechterhalten, aber auch gleichzeitig die Zuordnung embryonaler Zellen in die verschiedenen Hauptzelllinien ermöglichen. Systembiologen der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg um Prof. Dr. Wolfgang Driever, Dr. Daria Onichtchouk aus der Biologie und Prof. Dr. Jens Timmer aus der theoretischen Physik haben in einer Kombination aus Embryologie, Bioinformatik und mathematischer Modellierung im Modell Zebrafisch einen systembiologischen Ansatz erfolgreich zum Verständnis grundsätzlicher Regulationsmechanismen der frühen embryonalen Genregulationsnetzwerke eingesetzt. Die Forschung erfolgte in enger Zusammenarbeit am Zentrum für Biosystemanalyse (ZBSA) der Universität. Die Ergebnisse wurden am 9. März 2010 in der renommierten Fachzeitschrift „Molecular Systems Biology“ veröffentlicht.
Stammzellen haben in der Biomedizin das Potential eine der wesentlichen Therapiekomponenten bei der Heilung von Degenerationserkrankungen der alternden Bevölkerung zu werden. Die vielfältigen Entwicklungsmöglichkeiten der embryonalen Stammzellen sind jedoch gleichzeitig Hoffnung und Gefahr: Wie kann sichergestellt werden, dass aus Stammzellen stabile Zellen des gewünschten Typs werden, aber zum Beispiel keine Tumore? Eine der Grundlagen dafür ist ein besseres Verständnis der aufeinanderfolgenden Regulationsschritte bei der natürlichen Differenzierung von Stammzellen in definierte Gewebe im Embryo. Komplexe Netzwerke aus Regulatoren und Signalen steuern in einer Reihe aufeinander folgender Regulationsphasen diese Differenzierung. In Zellkulturen und im Säugerembryo ist es schwierig, diese Schritte zu untersuchen, da Differenzierungsschritte in der zeitlichen Abfolge oft asynchron verlaufen (Zellkultur) und entsprechende Entwicklungsstadien experimentell schlecht zugänglich sind (Embryo).
Genau dieses Regulationsnetzwerk wurde von den Freiburger Systembiologien untersucht und in wichtigen Aspekten aufgeklärt. Von entscheidender Bedeutung für das tiefergehende Regulationsverständnis waren detaillierte zeitaufgelöste Untersuchungen, bei denen an 10 Entwicklungszeitpunkten jeweils für Wildtypen und Oct4/Pou5f1-defiziente Embryonen das embryonale Transkriptom untersucht wurde. Die aus systembiologischer Modellierung entwickelten Erkenntnisse geben nicht nur Einblicke in die zeitliche Dynamik sondern auch die Struktur, Funktion und Evolution des Stammzellnetzwerkes.
Neben Prof. Dr. Wolfgang Driever, Dr. Daria Onichtchouk und Prof. Dr. Jens Timmer sind auch Dr. Florian Geier, Dr. Bozena Polock, Dr. Björn Wendik, Sungmin Song und Rebecca Mössner von der Universität Freiburg sowie Dr. Verdon Taylor und Dr. Daniel Messerschmidt vom Max-Planck-Institut Freiburg an der Studie beteiligt. Wolfgang Driever und Jens Timmer sind Internal Senior Fellows des Freiburg Institut for Advanced Studies (FRIAS).
Titel der Originalveröffentlichung:
Onichtchouk D, Geier F, Polok B, Messerschmidt DM, Mössner R, Wendik B, Song S, Taylor V, Timmer J, and Driever W. (2010) Zebrafish Pou5f1-dependent transcriptional networks in temporal control of early development. Molecular Systems Biology 6:354 (doi: 10:1038/msb.2010.9) (Uni Freiburg)
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