15. März 2011, Uni Frankfurt

Auswirkungen des Erdbebens in Japan auf die Weltwirtschaft

Cornelia Storz, Professorin für japanische Wirtschaft an der Goethe-Universität, erachtet die ökonomischen Folgen, die sich aus der japanischen Erdbebenkrise für die deutsche Wirtschaft ergeben, als begrenzt: Deutschland exportiere nur ein Prozent seiner Waren und Dienstleistungen nach Japan. Nicht ausschließen möchte die Expertin aber, dass bestimmte Branchen trotzdem Einbußen hinnehmen müssen, zum Beispiel deutsche Hersteller von Luxusfahrzeugen. Sollte die atomare Situation nicht zum Kollaps führen, geht Storz davon aus, dass sich die Handelsbeziehungen nach einer gewissen Zeit wieder normalisieren.

Aufgrund der Position Japans als eine der weltweit führenden Wirtschaftsnationen sieht Storz allerdings eine „spürbare, temporäre Auswirkung“ auf die Weltwirtschaft – insbesondere im Technologiebereich. Japanische Unternehmen seien in bestimmten High-Tech-Bereichen führend, zum Beispiel bei der Herstellung von Computerchips. Ein längerer Ausfall dieser Hersteller aufgrund von Energieengpässen und Zerstörung von Produktionsanlagen ließe sich nicht ohne weiteres kompensieren. Auch für die weltweiten Finanzmärkte drohen Konsequenzen aus der Krise: „Japan hat bisher stark US-Bonds nachgefragt. Jetzt ist zu erwarten, dass dieses Kapital kurzfristig aus den USA abgezogen wird und für den Wiederaufbau eingesetzt wird“, so Storz.

Folgen drohen auch für das intensive und bisher sehr dynamisch wachsende ökonomische Gefüge in Asien, insbesondere zwischen China und Japan: „Für China ist Japan der drittgrößte Markt; die Verflechtung zwischen Japan und Asien insgesamt hat in den letzten Jahren enorm zugenommen“, so die Expertin. Nach einer möglichen Erholung der Wirtschaft werde Japans Bedeutung für China mittelfristig sogar noch wachsen. Die Krise könne zudem auch die Bereitschaft erhöhen, sich stärker in bilateralen und/oder regionalen Handelsabkommen zu engagieren. Dort ist Japan bisher unterrepräsentiert.

Unter der Voraussetzung, dass Japan die Probleme in den Atomkraftwerken in den Griff bekommt, hält Storz es für wahrscheinlich, dass die dortige Gesellschaft und Ökonomie das Erdbebendesaster in überschaubarer Zeit bewältigt haben und womöglich bereits im zweiten Halbjahr 2011 ein Wiederaufbau einsetzen kann. Zum Vergleich zieht die Professorin die ebenfalls „rasche Bewältigung des Kobe-Erdbebens“ heran, bei dem seinerzeit sehr viel mehr Industrie in Mitleidenschaft gezogen worden war. Hingegen hätte eine Verstrahlung weiter Landesteile „nicht auszudenkende langfristige Folgen.“ (Uni Frankfurt)



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