8. April 2011, Uni Frankfurt

Nano-Ringe aus DNA als Kettenglieder

Künstliche Strukturen aus DNA zu bauen, ist das Ziel der DNA-Nanotechnologie. Diese neue Disziplin an der Schnittstelle von Biologie, Physik, Chemie und Materialwissenschaften macht sich die Selbstorganisationsfähigkeit der natürlichen DNA-Stränge zunutze. So hat man mittlerweile wenige 10 Nanometer (10 Milliardstel Meter) große Smileys oder kleine Kisten aus DNA in einem Tropfen Wasser aufgebaut. Prof. Alexander Heckel und seinem Doktoranden Thorsten Schmidt vom „Excellenzcluster Makromolekulare Komplexe“ an der Goethe-Universität ist es nun gelungen, zwei nur 18 Nanometer große Ringe aus DNA herzustellen und sie wie zwei Kettenglieder ineinander greifen zu lassen. Eine solche Struktur nennt man Catenan, abgeleitet vom lateinischen Wort catena (Kette). Für Schmidt, der während seiner Arbeit an den Nano-Ringen heiratete, sind es die wahrscheinlich kleinsten Hochzeitsringe der Welt.

Wissenschaftlich gesehen markiert die Struktur einen wichtigen Fortschritt in der DNA-Nanotechnologie, denn die beiden Ringe des Catenans sind im Gegensatz zu der Mehrzahl der bereits realisierten DNA Nanoarchitekturen keine starren Gebilde, sondern – abhängig von den Umgebungsbedingungen – frei drehbar. Dadurch eignen sie sich als Komponenten von molekularen Maschinen oder eines molekularen Motors. „Bis künstliche Strukturen aus DNA wie das Catenan in Alltagsgütern zur Anwendung kommen, ist es noch ein weiter Weg“, urteilt Prof. Alexander Heckel. „Aber Strukturen aus DNA könnten in naher Zukunft dazu dienen, Proteine oder andere Moleküle, die zu klein sind für eine direkte Manipulation, durch Selbstorganisation anzuordnen und zu studieren.“ Damit könnten DNA Nanoarchitekturen zu vielseitig einsetzbaren Werkzeugen für die schwer zugängliche Nanometerwelt werden.

Bei der Herstellung von DNA-Nanoarchitekturen machen sich die Wissenschaftler Paarungsregeln der vier DNA-Nukleobasen zunutze, nach denen auch zwei natürliche DNA-Stränge zusammenfinden (allerdings ist bei den DNA-Nanoarchitekturen die Basenabfolge ohne biologische Bedeutung). Ein A auf einem Strang paart mit T auf dem Gegenstrang und C ist komplementär zu G. Die Kunst besteht darin, die Sequenzen der beteiligten DNA Stränge so zu entwerfen, dass sich die gewünschte Struktur ohne direktes Eingreifen des Experimentators von selbst aufbaut. Sind nur bestimmte Abschnitte der verwendeten Stränge zueinander komplementär, kann man Verzweigungen und Kreuzungen bauen.

Wie Schmidt und Heckel in der Fachzeitschrift „Nano Letters“ (online Vorabveröffentlichung) berichten, stellten sie für die Catenane zunächst zwei C-förmige DNA Fragmente her. Mithilfe spezieller Moleküle, die wie sequenzspezifischer Kleber für die Doppelhelix wirken, ordneten sie die „Cs“ so an, dass sie zwei Kreuzungsstellen bildeten, wobei die offenen Enden der „Cs“ voneinander wegzeigen (s. Bild). Durch die Zugabe von zwei Strängen, welche mit den noch offenen Enden der beiden Ringfragmente schließen, entstand das fertige Catenan. Thorsten Schmidt hat die Veröffentlichung seiner Frau Dr. Diana Gonçalves Schmidt gewidmet, die diese Leistung auch wissenschaftlich zu schätzen weiß: Sie arbeitete ebenfalls in der Arbeitsgruppe von Alexander Heckel.

Da sie viel kleiner sind als die Wellenlänge des sichtbaren Lichts, kann man die Ringe mit einem herkömmlichen Mikroskop nicht sehen. „Man müsste etwa 4000 solcher Ringe aneinander reihen, um auch nur den Durchmesser eines menschlichen Haares zu erreichen“, erklärt Thorsten Schmidt. Daher bildete er die Catenane mit einem Rasterkraftmikroskop ab, welches die auf eine Oberfläche aufgebrachten Ringe mit einer extrem feinen Spitze abtastet. (Uni Frankfurt)



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