Checklisten in Krankenhäusern zur Vermeidung organisationstechnische Fehler
In der Luftfahrt gehören sie seit Jahren zum Alltag, jetzt beschäftigen sich auch Krankenhäuser zunehmend mit dem Thema: Checklisten sollen helfen, organisationstechnische Fehler vor, während und nach einer Operation zu vermeiden. In der MHH sind OP-Checklisten nichts Neues, einige chirurgische Abteilungen arbeiten schon seit langem damit. Die Maßnahme für erhöhte Patientensicherheit wird nun noch weiter professionalisiert. Zurzeit integriert die Hochschule die Listen in ihr IT-System. Gleichzeitig werden sie für alle Operationen an sämtlichen Kliniken auf dem Campus eingeführt.
Mit einem einfachen Fragenkatalog können viele Fehler rund um einen operativen Eingriff verhindert werden, das hat eine Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gezeigt. Krankenhäuser aus acht Ländern hatten 2007 und 2008 daran teilgenommen. Sowohl die Zahl der Todesfälle als auch die Komplikationsrate konnten durch die Checklisten deutlich gesenkt werden. „Diese erhöhte Sicherheit wollen wir allen Patienten bieten“, sagt Dr. Albrecht Bornscheuer, OP-Manager an der MHH. Die Einführung der OP-Checklisten an Krankenhäusern ist freiwillig, die Hochschule kommt damit aber den Forderungen des Aktionsbündnisses Patientensicherheit nach.
„Die Checklisten nehmen für einen Moment sehr wichtige Dinge in den Fokus. Ist es der richtige Patient? Ist die richtige OP geplant? Ist die richtige Seite vorbereitet? Es kosten nur wenige Sekunden, aber das menschliche Hhirn ist auf Kreativität programmiert, nicht auf die Abarbeitung von Listen. Da können computergestützte Checklisten helfen“, meint Dr. Andreas Tecklenburg, Mitglied des MHH-Präsidiums und zuständig für das Ressort Krankenversorgung. Die Punkte auf der Checkliste wirken zunächst fast trivial.
Vor der Narkose wird der Patient unter anderem nach seinem Namen und Geburtsdatum sowie nach Art und Stelle des Eingriffs gefragt. Bevor der Chirurg den ersten Schnitt macht, verständigen sich alle an der Operation Beteiligten Ärzte und Pflegekräfte noch mal über die Identität des Patienten und die Operation sowie beispielsweise über zu erwartende Komplikationen. Direkt nach der OP wird unter anderem geprüft, ob genau so viele Instrumente und Tücher vorhanden sind wie vor dem Eingriff. „Eigentlich sind das, was wir abfragen, Selbstverständlichkeiten. Und doch können dadurch Fehler vermieden werden“, erklärt Professor Dr. Claus Petersen, Kinderchirurg am Zentrum für Chirurgie. Dort sind Checklisten seit 2009 fester Bestandteil einer jeden Operation. „Auch wenn alle daran denken, kann etwas vergessen werden, beispielsweise wenn es eine Kommunikationslücke gibt“, sagt der Chirurg. Eine Operation sei ein komplexer Vorgang mit vielen Beteiligten mit unterschiedlichen Aufgaben. Irrtümer und Verwechslungen könnten hier nie hundertprozentig ausgeschlossen werden. „Mit den Checklisten haben wir eine systematische Kontrolle, die nicht viel Zeit kostet und für den Patienten mehr Sicherheit verschafft.“ Im OP der Kinderklinik der MHH werden pro Jahr zwischen 1500 und 2000 Operationen durchgeführt.
An der MHH-Klinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde (HNO) sind OP-Checklisten seit zwei Jahren Normalität. „Wir stellen dadurch unter anderem sicher, dass unsere Patienten auf ihrem Weg von der Station in den OP-Saal keiner Verwechslungsgefahr ausgesetzt sind. Passiert ist in dieser Hinsicht zwar noch nie etwas, aber damit beugen wir menschlichen Fehlern vor“, erläutert Professor Dr. Thomas Lenarz, Direktor der Klinik. „Der Operateur führt die letzte Überprüfungsmaßnahme durch, das Team Time Out.
Zusammen mit dem Pflegepersonal, der Anästhesie und den Assistenten wird sichergestellt, dass wir am richtigen Patienten den richtigen Eingriff vornehmen und alles vorhanden ist, was wir dazu benötigen.” Bisher nutzt die HNO-Klinik noch Checklisten in Papierform, demnächst wird sie den Operateuren auch ITgestützt zur Verfügung stehen. Die Integration des Fragenkatalogs in das OP-Dokumentations-System der MHH ist in vollem Gang: Bereits angeschlossen sind die Klinik für Kinderchirurgie, die Klinik für Herz-, Thorax, Transplantations- und Gefäßchirurgie, die Klinik für Viszeral- und Transplantationschirurgie, die Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, die Klinik für Urologie und Urologische Onkologie sowie die Klinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie. „Im Sommer folgen die Klinik für Unfallchirurgie und die Klinik für Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie“, sagt Katrin Rohwer-Mensching vom MHH-Zentrum für Informationsmanagement. Die Diplom-Mathematikerin betreut die Integration der Checklisten in den IT-Workflow und strebt an, die restlichen operativ tätigen Abteilungen ebenfalls bis Ende des Jahres angeschlossen zu haben. Unterstützt wird sie bei dem Projekt von der Firma Siemens. (MHH)
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