Arbeit und Betrieb im Web 2.0
Immer mehr Unternehmen lagern Arbeits- und Kreativprozesse an die Masse der Internetnutzer – an die so genannte Crowd – aus. Die Netznutzer entwickeln beispielsweise freiwillig interaktiv Verbesserungsvorschläge für Produkte oder geben Designempfehlungen. Ein anderes Beispiel: Unternehmen richten Webseiten ein, auf denen sich die User gegenseitig beraten können – sie übernehmen damit Serviceleitungen der Betriebe. Auch im Marketing und im Verkauf greifen Unternehmen stärker auf Crowdsourcing und damit auf die kollektive Kreativität der Internetnutzer zurück.
Doch die erfolgreiche Nutzerintegration in die Wertschöpfung von Unternehmen ist meist anspruchsvoller und mit mehr Herausforderungen verbunden, als oftmals angenommen wird. Zu diesem Ergebnis kommt eine Forschergruppe des Projekts “Konsumentenarbeit” der Deutschen Forschungsgemeinschaft um Prof. Dr. G. Günter Voß und Dr. Frank Kleemann an der Professur für Industrie- und Techniksoziologie der Technischen Universität Chemnitz. “Wichtig sind ein gutes Webseitenkonzept und geeignete Anreize, damit die Internetnutzer – wie vom Unternehmen erwartet – motiviert mitwirken. Sie reagieren weniger auf Anweisungen, da sie keine vertraglich gebundenen Mitarbeiter sind”, erläutert Voß.
So stelle der öffentliche Charakter der Webseiten neue Kommunikationsanforderungen an die Verantwortlichen. “Nicht selten sehen sie sich kollektiven Forderungen der Internetnutzer gegenüber, die das Unternehmensimage gefährden und so Druck auf die Firma ausüben können”, ergänzt Kleemann. Ein adäquater Umgang damit erfordere von den Mitarbeitern ein permanentes Monitoring der Useraktivitäten und viel Verhandlungsgeschick. Um diese Aufgabe zu bewältigen, entsteht derzeit ein neues Berufsbild – der Community Manager.
Unternehmen, die beispielsweise einen Ideenwettbewerb zur Generierung von Entwicklungsimpulsen durchführen, stehen nach dessen Abschluss häufig vor weiteren Herausforderungen. “Nun gilt es, die gewonnenen Ideen an die richtigen Abteilungen weiterzuleiten und – wenn möglich – in neue Produkte einfließen zu lassen”, sagt Voß. Doch dies wird häufig erschwert durch unangepasste Strukturen, hohe Entwicklungsanforderungen und Widerstände bei Mitarbeiter, die durch den kostenlosen Input von der Internetgemeinde ihren Arbeitsplatz gefährdet sehen.
Diese und weitere aktuelle Ergebnisse aus diesem Forschungsfeld werden auf dem Workshop “Arbeit und Betrieb im Web 2.0″ vom 8. bis 9. September 2011 an der TU Chemnitz diskutiert. Die Veranstaltung richtet sich besonders an Wissenschaftler, die sich mit dem neuen Verhältnis von Unternehmen und Internetnutzern im Zeitalter des interaktiven Internet beschäftigen. (TU Chemnitz)
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