Präzisere Wettervorhersagemodelle mit hoch aufgelösten Messdaten
Zwei neue Forschergruppen an der Universität Bonn wollen die Klimaüberwachung und die Wettervorhersagemodelle noch genauer machen. Die Wissenschaftler sind in das Hans-Ertel-Zentrum für Wetterforschung eingebunden, in dem deutsche Universitäten und Forschungsinstitute mit dem Deutschen Wetterdienst (DWD) eng zusammen arbeiten. Mit zeitlich und räumlich hoch aufgelösten Messdaten sowie ausgefeilten mathematischen Methoden wollen sie ihre Ziele erreichen. Insgesamt mehr als zwei Millionen Euro fließen in den nächsten vier Jahren in die beiden Projekte an die Bonner Universität.
Der Zustand der Atmosphäre ist ständig im Umbruch: Sonne, Regen und Wind kommen und gehen oft in rascher Abfolge. Deshalb versucht der Mensch schon seit Jahrtausenden, das Wetter vorherzusagen. Nicht nur die Land- und Bauwirtschaft hängen stark davon ab, ob es wärmer, kälter, feuchter oder trockner wird. Auch der Verkehr erlahmt, wenn es etwa Blitzeis gibt. Wie kann man Starkregen und Gewitter über die nächsten Stunden vorhersagen? Aber auch wie oft kamen diese Ereignisse in den letzten Jahrzehnten vor?
Zuverlässigkeit der Prognose hängt von der Wetterlage ab
Die Verlässlichkeit dieser Vorhersagen hat in den vergangenen Jahrzehnten stark zugenommen. Ziel dieser Prognosen ist, den Zustand der Atmosphäre zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit vorherzusagen. “Dabei helfen uns etwa Bodenmessstationen, Radiosonden, Wettersatelliten und Radare”, berichtet Dr. Silke Trömel, Leiterin der Forschergruppe zum Themenbereich “Atmosphärendynamik und Vorhersagbarkeit”. Die Zuverlässigkeit dieser Vorhersagen hängt jedoch stark von der Wetterlage ab. Besonders instabile Gewitterlagen im Sommer sind eine Herausforderung für die Meteorologen. “Die Forschergruppen setzen deshalb darauf, aus den Klimadaten der Vergangenheit zu lernen sowie mit mehr Messdaten zu genaueren Vorhersagemodellen zu kommen”, sagt Prof. Dr. Clemens Simmer vom Meteorologischen Institut der Universität Bonn.
Eine Lupe für Regenwolken
“Wir wollen den Lebenszyklus des Wetters noch besser verstehen”, sagt Dr. Trömel. Die Wissenschaftler nutzen deshalb räumlich und zeitlich hoch aufgelöste Satelliten- und Radardaten, um etwa den Wassergehalt von Wolken zu bestimmen. Daraus lässt sich dann die Niederschlagsmenge abschätzen. Doch nicht nur das: “Mit unserem polarimetrischen Radar mischen wir ganz vorne an der Front der Forschung mit”, sagt die Bonner Meteorologin. Ein solches Messgerät sendet horizontal und vertikal polarisierte elektromagnetische Wellen aus, die von den Niederschlagsteilchen reflektiert werden. Anhand der rückgestreuten Signale lässt sich damit nicht nur die Menge der Regentropfen bestimmen, sondern wie mit einer Lupe auch, ob es sich dabei um Wasser, Schnee, Graupel oder gar Hagel handelt. “Wir wollen dann aus dem Wust der Daten die Größen herausfiltern, die für eine genauere Wetterprognose entscheidend sind”, erläutert Dr. Trömel. Zum Projekt tragen auch Dr. Hartwig Deneke und Prof. Andreas Macke vom Institut für Troposphärenforschung in Leipzig mit ihrer Expertise für Satellitendaten bei.
Lernen aus den Klimadaten der Vergangenheit
Dr. Trömel arbeitet intensiv mit Dr. Christian Ohlwein zusammen, dem Leiter der Forschergruppe “Klimamonitoring und Diagnostik” am Meteorologischen Institut der Universität Bonn. “Das Problem ist, dass die Beobachtungsorte für das Wettergeschehen sehr ungleich in Deutschland verteilt sind”, stellt Dr. Ohlwein fest. Um aber möglichst exakte Aussagen über Änderungen in Häufigkeit und Intensität vergangener Wetterereignisse machen zu können, müssen diese Ungleichheiten ausgeglichen werden. Deshalb verwenden die Wissenschaflter zusätzlich die Vorhersagemodelle und “schubsen” diese in die richtige Richtung: Sie nutzen zum einen Wetterdaten, die zur damaligen Zeit noch nicht zur Verfügung standen. Zum anderen koppeln sie die Vorhersagemodelle an bestimmte Beobachtungsdaten und passen damit die Prognose immer wieder ein Stückchen an das aktuelle Geschehen an. “Das ist wie beim Kanufahren”, vergleicht der Meteorologe. “Bei der Fahrt auf einem See ist der Kurs auch nie ganz gerade, s ondern wird immer wieder mit einem Steuerschlag korrigiert.”
Allerdings müssen die Wissenschaftler erst noch herausfinden, welche Kenngrößen für diese “Steuerschläge” geeignet sind. “Wir analysieren das regionale Klima in Deutschland”, berichtet Dr. Ohlwein. “Unsere Beobachtungsdaten kommen dabei von den verschiedensten Messinstrumenten, so dass wir die Daten erst sinnvoll zusammen führen müssen.” Dabei helfen Messungen aus der Vergangenheit: Daran lassen sich die mit einem bestimmten Modell gerechneten Prognosen und die tatsächlich eingetretenen Wetterlagen vergleichen und dann auch verbessern. Es besteht eine enge Zusammenarbeit mit Prof. Susanne Crewell (Universität zu Köln) und der Klimaforschung um Privatdozentin Dr. Petra Friederichs und Prof. Andreas Hense (beide Universität Bonn).
Anschubfinanzierung durch das Hans-Ertel-Zentrum
Die zunächst vierjährige Finanzierung von jeweils rund 1,2 Millionen Euro für die Forschergruppen kommt vom Hans-Ertel-Zentrum für Wetterforschung, das durch das Ministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) über den Deutschen Wetterdienst (DWD) gefördert wird. Das Zentrum bindet Hochschulen und außeruniversitäre Forschungszentren in die Verbesserung der Wetterprognosen beim DWD ein. Die breit aufgestellte Atmosphärenforschung in Deutschland soll damit für noch genauere Wetterprognosen koordiniert und ein dauerhaftes Forschungsnetzwerk aufgebaut werden. Nach einer Anfangsphase von vier Jahren sollen sich die Forschergruppen dann zunehmend selbst aus anderweitig eingeworbenen Drittmitteln tragen. (Uni Bonn)
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