Konferenz zum Transfer der Körperbehindertenpädagogik in den Irak
Infolge jahrelanger kriegerischer Invasionen und militärischer Auseinandersetzungen finden sich im Irak prozentual mehr körperliche Schädigungen bei Kindern und Jugendlichen als in einem Land, das seit Jahrzehnten im Frieden lebt. Eine statistische Erhebung des irakischen Gesundheitsministeriums aus dem Jahr 1997 weist 1,3 Prozent Gesamtbevölkerung als behindert auf. 18,5 Prozent dieser Menschen fallen unter die durch den Krieg verursachten Behinderungen. Diese Körperverletzungen ziehen eine Fülle an Mehrfachbehinderungen nach sich – auch im psychischen und sozialen Bereich. Wissenschaftliche Befunde der Abteilung Körperbehindertenpädagogik an der Humboldt-Universität zeigen, dass ein ausgewogenes Schulungskonzept unter Einschluss von technischen Hilfen und neueren therapeutischen Interventionsmethoden wie ausgewählten Spiel- und Bewegungsangeboten sowie speziellen Entspannungstechniken positive Wirkungen zeigen, oft auch in kurzer Zeit.
Für den Transfer der Körperbehindertenpädagogik in den Irak hat die Humboldt-Universität zu Berlin eine Hochschulpartnerschaft mit der irakischen Regierung beschlossen, die am 3. Dezember 2009 im Rahmen einer ersten internationalen Konferenz offiziell eröffnet wird.
“Transfer Körperbehindertenpädagogik in den Irak”
Konferenz zur Hochschulpartnerschaft
2. bis 6. Dezember 2009
Humboldt-Universität zu Berlin, Unter den Linden 6,
Raum 2103
Im deutschen Hochschul- und Bildungsbereich hat sich über Jahrzehnte hinweg durch viele Einrichtungen, Maßnahmen und Experimente, intensive wissenschaftlicher Forschung und Politikberatung ein ausgereiftes System der Förderung und Begleitung von behinderten Menschen entwickelt. Um die irakische Regierung beim Aufbau eines Bildungssystem speziell für behinderte Menschen zu unterstützen und sich die über möglicherweise Jahrzehnte erstreckenden Versuchsprozesse in der Körperbehindertenpädagogik zu ersparen, soll der Dialog zwischen Pädagogen, Medizinern, Psychologen, Soziologen, Therapeuten und Leitern von Rehabilitationszentren aus dem Irak und Rehabilitationswissenschaftlern der Humboldt-Universität den gesellschaftlichen Wiederaufbau des kriegszerstörten Landes fördern.
14 Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus den irakischen Ministerien für Arbeit und Soziales, Hochschule und Gesundheit werden an der Konferenz teilnehmen. Zusammen mit der Abteilung Körperbehindertenpädagogik der Humboldt-Universität werden Konzepte zur Unterstützung beim Auf- und Ausbau eines Netzwerkes der Rehabilitation und Prävention für Menschen mit körperlichen und motorischen Beeinträchtigungen im Irak erarbeitet, beispielsweise Möglichkeiten der Vermittlung sonderpädagogischer Lehr- und Lernmethoden, eine Beratung und Unterstützung betroffener Eltern, die Zusammenarbeit mit irakischen Arbeits-, Sozial- und Gesundheitsämtern zur beruflichen Vorbereitung, Orientierung bzw. Neuorientierung, Integration und beruflichen Rehabilitation behinderter Menschen.
Dabei geht es vornehmlich um die Kompensation von Nachteilen, denen behinderte junge Menschen in Alltag und Beruf gegenüberstehen. Die ausgewählten Fachkräfte aus dem Irak können einschlägige Kompetenzen über Fort- und Weiterbildung erwerben. Geplant ist ein gegenseitiger Austausch von Lehrkräften, die Entsendung von deutschen Rehabilitationspädagogen oder von Studierenden im Praktikum.
Institutionen wie die Biesalski-Schule, ein Förderzentrum für körperbehinderte Kinder in Berlin unter der Leitung von Sonderschulrektorin Christina Nagel, und die Industriefirma Otto Brock, weltweit bekannt für die Herstellung von Prothesen, geben den Konferenzteilnehmern einen Einblick in die mit der Körperbehindertenpädagogik vernetzten Erziehungs-, Förder-, Rehabilitations- und Forschungsbereiche. Mediziner der Charité-Hochschulmedizin und aus dem Rehabilitationszentrum der Fürst Donnersmarck Stiftung stellen ihre Arbeit vor.
Die Hochschulpartnerschaft soll die fachliche Zusammenarbeit zwischen den Kollegen im Hochschulbereich intensivieren. Bewährte, am Institut für Rehabilitationswissenschaften angebotene Konzepte werden, angepasst an die speziellen sozialen und kulturellen Gegebenheiten, auf die Aus- und Fortbildung in pädagogischen und therapeutischen Institutionen transferiert. Weiterhin soll ein Netzwerk mit den von Körperbehinderung betroffenen Menschen und den Gesundheits-, Sozial- und Arbeitsbehörden aufgebaut und für motorisch Beeinträchtigte die Infrastruktur verbessert werden.
Die Auftaktkonferenz der Hochschulpartnerschaft wird vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) gefördert. Eine Finanzierung für ein dreijähriges Folgeprojekt ist eingereicht.
Die Konferenz wird von Dolmetschern ins Arabische übersetzt. (HU Berlin)
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