Familienunternehmen an der Börse
Rund die Hälfte aller börsennotierten Unternehmen in Deutschland ist in Familienhand. Sie sind weniger verschuldet, haben damit mehr Eigenkapital im Hintergrund um wirtschaftliche Durststrecken auszuhalten und eine stärkere Wachstumsrate bei den Beschäftigten. Diese Befunde gehen aus einer umfassenden Analyse börsennotierter Familienunternehmen in Deutschland hervor, die gestern von Prof. Ann-Kristin Achleitner, Prof. Christoph Kaserer und ihrem Team vom Center for Entrepreneurial and Financial Studies der Technischen Universität München (TUM) vorgestellt wurde. Auftraggeber der Untersuchung war die Stiftung Familienunternehmen in München.
Familienunternehmen an der Börse sind eine heterogene Gruppe: Der größte europäische Softwarehersteller SAP mit mehr als 48.000 Mitarbeitern gehört genauso dazu wie der mittelständische, deutsch-chinesische Produzent von Bambusprodukten Asian Bamboo mit 300 Angestellten. Den meisten börsennotierten Familienunternehmen ist jedoch gemeinsam: Kontrolle und Eigentum sind in einer Hand. So hält in etwa 80 Prozent der Fälle die Gründerfamilie nicht nur Stimmrechte am Unternehmen, sondern ist mit mindestens einem Mitglied der Gründerfamilie im Vorstand oder Aufsichtsrat vertreten. In den verbleibenden 20 Prozent der Fälle ist die Gründerfamilie nicht mehr am Unternehmen beteiligt, stellt aber ein Mitglied in Vorstand oder Aufsichtsrat oder hält mehr als 25 Prozent der Stimmrechte und damit eine Sperrminorität in der Hauptversammlung.
Insgesamt repräsentieren börsennotierte Familienunternehmen ein Drittel der Marktkapitalisierung der Nicht-Finanzunternehmen des Aktienindizes CDAX, dem breitesten Marktindex der Deutschen Börse. „Familienunternehmen werden in der öffentlichen Wahrnehmung meist mit privat gehaltenen Unternehmen gleichgesetzt“, sagt die TUM-Wirtschaftswissenschaftlerin Prof. Ann-Kristin Achleitner. „Wir konnten dagegen zeigen, dass Familienunternehmen nicht nur eine zentrale Quelle von Börsengängen repräsentieren, sondern dass der Familieneinfluss auch in vielen Aktiengesellschaften noch maßgeblich ist und sich Familien- und Nicht-Familienunternehmen deutlich unterscheiden.“
So liegt etwa die Eigenkapitalquote bei Familienunternehmen mit 50 Prozent deutlich höher als bei Nicht-Familienunternehmen (36 Prozent). Zwar beschäftigen Familienunternehmen im Durchschnitt nur 6.000 Mitarbeiter – Nicht-Familienunternehmen mehr als 15.000 – doch auffällig ist das starke Wachstum der Mitarbeiterzahl bei Familienunternehmen: 27 Prozent (Median: vier Prozent) gegenüber sechs Prozent (Median: Null Prozent) bei Nicht-Familienunternehmen. Viele Familienunternehmer wagten offenbar den Börsengang, um ihr Wachstum finanzieren zu können.
Typischerweise existiert eine enge emotionale Bindung der Familie an das Unternehmen, die häufig mit dem Wunsch verbunden ist, das Unternehmen weiter zu entwickeln. Auch als Aktiengesellschaft ist es den meisten Familienunternehmen wichtig, die Unabhängigkeit zu bewahren und das Unternehmen langfristig zu sichern. Auf Unternehmensperformance und durchschnittliche Rendite wirkt sich dies nicht negativ aus: „Bei den Kennzahlen zur operativen Performance haben wir sogar eine schwach positive Korrelation zum Familieneinfluss gefunden“, berichtet Kaserer.
Achleitner ist überzeugt: „Wegen der großen Bedeutung börsennotierter Familienunternehmen am deutschen Kapitalmarkt sind ihre Unterschiede zu Nicht-Familienunternehmen nicht zuletzt für Kapitalmarktregulierung und Gesetzgebung von Relevanz.“
Grundlage der Studie waren die Daten der Jahre 1998 bis 2008 von Nicht-Finanzunternehmen des CDAX (Composite Deutscher Aktienindex). Der CDAX deckt etwa 95 Prozent der Marktkapitalisierung des deutschen Kapitalmarkts ab. (TU München)
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