28. Januar 2010, Aktuelles, Uni Frankfurt

Uni-Präsidium bietet Besetzern Rücknahme der Strafanträge an

Das Präsidium der Goethe-Universität bestätigt auch nach der gestrigen Senatssitzung seine am Dienstag beschlossene Linie, den 176 von der Räumung Betroffenen eine Rücknahme der Strafanträge anzubieten, sofern diese zuvor eine Erklärung zum Gewaltverzicht abgeben. „Ich begrüße, dass der Senat in seiner gestrigen Sitzung seine eindeutige Haltung zur Gewaltlosigkeit bekräftigt hat, die der von den Betroffenen zu unterzeichnenden Erklärung zugrunde liegt“, sagte Präsident Prof. Werner Müller-Esterl am Mittwoch.

Von einem „Konfrontationskurs“ gegenüber Studierenden und Senat, wie dies der AStA in einer gestern verbreiteten Erklärung behauptet, „kann überhaupt keine Rede sein“. Die Entscheidung des Präsidiums, eine Rücknahme der Anzeigen an ein Gespräch oder eine schriftliche Erklärung zum Gewaltverzicht zu binden, sei angesichts des Ausmaßes der entstandenen Zerstörungen am Casino bereits ein Akt des Entgegenkommens der Universitätsleitung. „Auch wenn wir davon ausgehen, dass ein Großteil der Betroffenen selbst an der Zerstörung nicht teilgenommen hat, so wurde die Sachbeschädigung zuvor von den Besetzern billigend in Kauf genommen. Daher erwarten wir von den Betroffenen eine Erklärung zur Gewaltlosigkeit.“

Müller-Esterl betonte erneut, dass das Präsidium mit seinem Vorgehen der Senatsempfehlung vom 16. Dezember 2009 gefolgt sei. Der Senat hatte empfohlen, die Anzeigen zurückzunehmen, jedoch offengelassen, unter welchen Bedingungen eine solche Rücknahme erfolgen könnte. In derselben Sitzung hatte der Senat zudem eine Erklärung zur Gewaltlosigkeit verabschiedet, verbunden mit dem erfolglosen Appell an den AStA, sich dieser Erklärung anzuschließen.

Aus Sicht des Präsidenten und des Präsidiums widerspricht auch die gestern auf Antrag des Senators Prof. Jost Gippert mit Mehrheit der anwesenden Senatoren verabschiedete Empfehlung auf Rücknahme der Anzeigen keineswegs der Linie des Präsidiums. Der Senat hatte erneut auf Rücknahme der Anzeigen gegen die Betroffenen plädiert, diese Rücknahme jedoch mit einer Aufforderung zur Wahrnehmung des Gesprächsangebots von Seiten des Präsidiums verknüpft. Senator Gippert selbst sieht in der gestern verabschiedeten Senatsempfehlung keinen Widerspruch zum Kurs des Präsidiums: „Der Senat hat gegenüber dem Präsidium keine Weisungsbefugnis. Er hält an seiner Empfehlung fest, die Anzeigen zurückzuziehen, belässt damit aber dem Präsidium die Entscheidung, wie es mit dieser Empfehlung umgeht. Das Gesprächsangebot des Präsidiums unterstützt der Senat nachhaltig. Eine Konfrontation zwischen Senat und Präsidium lässt sich daraus nicht konstruieren.“

Sein Senatskollege Prof. Ulrich Brandt schließt sich dieser Einschätzung an und ergänzt: „Die offen geführte und differenzierte Diskussion hat gezeigt, dass Präsidium und Senat großes Interesse an einem konstruktiven Dialog über die Inhalte des Bildungsstreiks haben. Ich bedauere daher sehr, dass die Vertreter des AStA weiterhin versuchen, den Senat zu instrumentalisieren und keinerlei Bereitschaft gezeigt haben, zur Deeskalation der Situation beizutragen, um zu einer vorwärts gewandten Sacharbeit im Sinne der Studierenden und der gesamten Universität zurückzukehren.“

Senator Prof. Cornelius Prittwitz verwahrt sich in einer eigenen Stellungnahme gegen eine einseitige Vereinnahmung durch den AStA, wie sie dieser in einer Pressemitteilung vorgenommen hatte: „Meine in der Pressemitteilung zitierte Aussage zur „Nötigung“ wurde aus dem Zusammenhang gerissen. Ich fühle mich insoweit vom AStA – vorsichtig ausgedrückt – missverstanden. Denn juristisch gesehen hat der Präsident als Hausrechtsinhaber zweifellos das Recht, die Rücknahme der Strafanträge von bestimmten Bedingungen abhängig zu machen. Von dieser juristischen Frage zu trennen ist die nach dem politisch Klugen. Diese Frage muss (und kann nur) das Präsidium beantworten.“ (Uni Frankfurt)



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