14. September 2010, TU Chemnitz

"B – eine deutsche Reise"

“Seit es das Netz von Autobahnen gibt, nehmen wir das Land nicht mehr wahr. Deutschland ist geschrumpft auf die zwei Punkte, wo man startet und wo man in längstens einem halben Tag angekommen sein will”, sagt Dr. Burkhard Müller, Dozent für Latein an der TU Chemnitz, und fügt hinzu: “Daneben aber besteht ein Geflecht von Fernstraßen, die alle ein B vor ihrem Namen führen: die Bundesstraßen. Nur wo unbedingt nötig, auf den ersten und letzten Kilometern der Strecke, macht man von ihnen Gebrauch und ahnt gar nichts mehr vom langen Atem, den sie haben. Sie durchziehen das Land mit einem Netz aus Geschichte und Geschichten.”

Etwa die B 2, die längste deutsche Straße, die von der Ostsee nach Tirol führt, die B 8 von Passau bis an den Niederrhein oder die B 19 vom Kleinen Walsertal bis hin zur Wartburg. Seine Eindrücke und Erlebnisse von seiner Reise über die deutschen Bundesstraßen hat Müller in seinem neuesten Buch “B – eine deutsche Reise” zusammengetragen. Pünktlich zum Erscheinungstermin am 17. September 2010 liest er im Veranstaltungssaal der Stadtbibliothek Chemnitz aus seinem Werk. Die Lesung beginnt um 20 Uhr und ist eine Veranstaltung der Buchhandlung Universitas in Kooperation mit der Stadtbibliothek Chemnitz. Der Eintritt beträgt 5, ermäßigt 3 Euro.

Am 26. Dezember 2008 brach Müller auf zu einer deutschen Reise der ungewöhnlichen Art – auf den Fernstraßen durch die Heimat. Zehn Straßen sind es insgesamt geworden und zehn Fahrten zwischen dem Dezember 2008 und November 2009. Erste Station war dabei Rochlitz, eine kleine sächsische Stadt 30 Kilometer nördlich von Chemnitz. In der Kreisstadt, mit ihrer stattlichen Burg und ihren Brücken, gibt es eine Menge in Schrift- und

Monumentenform geronnenes Gedenken. Auch dass viele Gebäude in Rochlitz aus Porphyrtuff, einem blassroten Stein mit weißen Einschlüssen, gebaut wurden, der den Gebäuden einen gewissen Charme verleiht, wäre dem Reisenden, wenn er die Autobahn genutzt hätte, nicht aufgefallen.

Doch Müllers Buch ist nicht nur ein Reisebericht: Seine Eindrücke von den Sehenswürdigkeiten werden nicht einfach wiedergegeben, vielmehr bettet er sie ein in ein großes Ganzes. So denkt er nach über die Zeit und die Architektur. “Burgen stellen immer einen Verhau des Wehrhaften dar, ohne harmonische Anlage, geprägt von einer viel roheren Notdurft, die sich in den

Formen des Geländes anzuschmiegen hat; es sollte keiner hereinkommen können, dem muss sich alles fügen. Sie haben etwas Pflanzliches an sich, ja Pilzhaftes, die genaue Form, zu der sie schließlich gelangt sind, ist etwas Sekundäres, ganz der Umgebung geschuldet. Umso eindrucksvoller zeigt sich ihre vegetative Kraft, sie scheinen plastisch aus ihrem Felsgrund hervorgekommen, zu dem sie in engster sichtbarer Verbindung bleiben, zumal wenn sie, wie so oft, aus den anstehenden Stein errichtet worden sind, mit dem sie alles teilen, wie der Schwamm mit dem Baum dessen Verholzung”, so Müller in seinem Buch. Deutschland scheint von der Autobahn aus klein und langweilig. “Aber es ist anders, groß, vielgestaltig, im Umbruch, aber mit einer tiefen Geschichte, die sich nur Augenschein vor Ort entschließt”, weiß Müller und empfiehlt die Reise über die Bundesstraßen: “Wer diesen Wegen folgt, hat die Chance, Deutschland seiner Tiefe nach kennenzulernen, seine großen Städte und das, was einmal das flache Land oder die Provinz hieß.” Allerdings solle man nicht allein reisen, denn man sehe nur wahrhaftig, wenn man noch während des Sehens darüber spricht.

Bibliographische Angaben: Burkhard Müller: B – eine deutsche Reise, Berlin 2010, 320 Seiten, Rowohlt-Verlag, ISBN 978-3871346637, 19,95 Euro. (TU Chemnitz)



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