11. Februar 2011, Uni Hohenheim

Angepasste Getreidesorten trotzen dem Klimawandel

Klimawandel und Bevölkerungswachstum bedrohen die Sicherung der Welternährung und stellen den Pflanzenbau vor neue Herausforderungen – nicht nur in Entwicklungsländern. Getreideanbausysteme der Zukunft müssen regionale Lösungen anbieten, angepasst sein an die jeweiligen Umweltveränderungen vor Ort, so das einhellige Urteil der internationalen Forscher auf der Tagung „Crop improvement, ideotyping and modeling for African cropping systems under climate change“ an der Universität Hohenheim. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) förderten das Treffen internationaler Spezialisten.

Der Klimawandel verändert die Bedingungen ganzer Anbausysteme: Während Landwirte sich früher auf ihren bewährten Saat- und Erntekalender verlassen konnten, bringen extreme Wetterschwankungen heute jede einst verlässliche Bauernregel durcheinander. Damit sie die passende Getreidesorte zum richtigen Zeitpunkt anbauen können, brauchen landwirtschaftliche Betriebe in Entwicklungsländern maßgeschneiderte Lösungen, um ihre eigene Existenz zu sichern – und für die Ernährung der Weltbevölkerung zu sorgen.

Optimistisch und aktiv sollten Wissenschaft und Landwirtschaft auf den Klimawandel zugehen, so die Einschätzung der internationalen Forscher. Die Pflanzenbauforschung könne dazu beitragen, nicht auf vollendete Tatsachen – ein verändertes Klima – zu warten, sondern ermögliche es, sich auf die zu erwartenden Umweltveränderungen mit neuen Sorten einzustellen.

Bei der internationalen und von BMZ und DFG geförderten Hohenheimer Tagung zum angepassten Pflanzenanbau im Zeichen des Klimawandels stellten die Experten aus dem Senegal, aus Madagaskar, Mali und Äthiopien sowie aus Frankreich und Hohenheim Getreidesorten und Strategien vor, die auf bestimmte Klimasituationen in Afrika angepasst sind.

Die Tagung vereinte Experten aus sämtlichen Disziplinen, die an einer Lösung des Problems arbeiten: Molekulare Genetik, Pflanzenphysiologie, Modellierung von Umweltmodellen und Züchter vor Ort. „Einzelinitiativen verlaufen ohne einen solchen Verbund im Rücken oft im Sande“, sagt Prof. Dr. Folkard Asch, Leiter des Fachgebiets Wasserstress-Management bei Kulturpflanzen in den Tropen und Subtropen. „Für zukünftige Forschung halten wir eine gezielte Förderung solcher Verbundforschung darum für unerlässlich“.

Die spezifischen Ausprägungen der Getreidesorten führen die Forscher auf genetische Informationen der Sorten zurück. Mit der Entschlüsselung des genetischen Codes ermöglichen sie Pflanzenzüchtern, Getreidesorten zu züchten, deren Merkmale optimal auf bestimmte Klimabedingungen angepasst sind.

So erforschten die Wissenschaftler beispielsweise den Einfluss von Hitze auf die Erntemengen beim Reis. „Der Mechanismus, bei dem sich eine Reispflanze durch Transpiration an ihren Rispen selbst kühlen kann, wurde bisher wenig erforscht“, sagt Prof. Dr. Asch. „Vor dem Hintergrund des Klimawandels kann diese Schwitzfähigkeit jedoch zu einem entscheidenden Überlebensmechanismus der Pflanze werden“, so der Pflanzenforscher. Erstmals prüften die Wissenschaftler Unterschiede in der Transpiration der Reissorten und können nun Voraussagen treffen, welches Verhalten eine bestimmte Reissorte unter veränderten Temperaturen zeigen wird.

Hohenheimer Testsystem für Reis und Sorghum
Das Fachgebiet Wasserstress-Management bei Kulturpflanzen in den Tropen und Subtropen der Universität Hohenheim war Gastgeber der internationalen Konferenz. Prof. Dr. Folkard Asch stellte sein Forschungsprojekt „Developing RIce and SOrghum Crop Adaptation Strategies for climate change in vulnerable environments in Africa (RISOCAS)“ vor.

In enger Zusammenarbeit mit Forschern in Entwicklungsländern entwickelten die Hohenheimer Wissenschaftler ein Testsystem für Reis-, Mais-, und Sorghumsorten. Sorghum ist eine Art Hirse, und – neben Mais – zweitwichtigstes Lebensmittel auf dem afrikanischen Kontinent. Mit dem System können die Hohenheimer herausfinden, welche Merkmale der jeweiligen Sorten optimal an bestimmte Umweltfaktoren angepasst sind und diejenigen Eigenschaften der Getreide bestimmen, die besonders gut an Klimaveränderungen angepasst sind.

Die Ergebnisse stammen aus einer Förderinitiative des BMZ, der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit sowie der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Ein Netzwerk von Forschungsinstitutionen in Entwicklungsländern sichert dem Projekt die nachhaltige Anwendung vor Ort. (Uni Hohenheim)



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