18. November 2011, Uni Hannover (MH)

Fallot-Tetralogie – Frauen müssen früher behandelt werden

In Deutschland leben rund 15.000 Menschen mit einer Fallot-Tetralogie – dem häufigsten zyanotischen Herzfehler. Die betroffenen Babys sind auch als „blue babys” bekannt, da sie mit einem bläulichen Hautton zur Welt kommen. Ein Forscherteam des Kompetenznetzes Angeborene Herzfehler hat jetzt untersucht, wie es diesen Kindern mehrere Jahre nach der Operation geht. „Die Studie zeigt, dass Frauen mit Fallot-Tetralogie in der bisherigen Behandlungspraxis benachteiligt werden, weil sie anders behandelt werden müssten als Männer. Die bisherigen Referenzwerte bilden die Besonderheiten des weiblichen Herzens nicht ausreichend ab”, erklärt der Studienleiter PD Dr. Samir Sarikouch von der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Am 16. November 2011 erscheint die Publikation in Circulation:Cardiovascular Imaging (doi:10.1161/CIRCIMAGING.111.963637).

Krankheitsverlauf bei Frauen anders
In einer umfangreichen prospektiven Studie unter Federführung des Herz- und Diabeteszentrums NRW haben die Wissenschaftler mehr als 400 Patienten mit Fallot-Tetralogie an 14 Herzzentren in Deutschland untersucht und geschlechtsspezifische Referenzwerte für diesen Herzfehler erhoben. Die Daten zeigen, dass bei Normierung auf einheitliche Körpermaße Frauenherzen kleiner sind als Männerherzen und dass die körperliche Belastbarkeit der Frauen mit Fallot-Tetralogie deutlich geringer ist als die der Männer. „Der Langzeitverlauf der Erkrankung ist auch insofern anders, dass Frauen bei vergleichbaren Restbefunden eher reoperiert werden müssen, um irreparable Belastungen der rechten Herzkammer zu vermeiden”, sagt Dr. Sarikouch. Werden Reoperationen zu spät durchgeführt, kann das unter anderem zu Herzinsuffizienz oder Herzversagen führen.

Guidelines müssen überdacht werden
„Wir haben bei den angeborenen Herzfehlern bisher vernachlässigt, dass Frauenherzen anders behandelt werden müssen als Männerherzen”, ist Dr. Sarikouch überzeugt. „Die Guidelines für Reoperationen bei der Fallot-Tetralogie sollten überdacht werden und künftig das Geschlecht berücksichtigen.” In einem nächsten Schritt wollen die Wissenschaftler ein Verfahren entwickeln, um den Patienten individuelle Risikoanalysen anzubieten.

Über die Erkrankung
Die Fallot-Tetralogie ist der häufigste zyanotische Herzfehler (Rechts-Links-Shunt)und mit 2,5 Prozent aller Herzfehler einer der häufigsten angeborenen Herzfehler. Das Herz weist eine Verengung im Ausflußtrakt des rechten Herzens (Pulmonalstenose), ein Loch in der Herzscheidewand (Ventrikelseptumdefekt), eine Verlagerung der Hauptschlagader sowie eine Verdickung der rechten Herzkammer (Rechtsherzhypertrophie) auf.

Kompetenznetz Angeborene Herzfehler e. V.

Das Kompetenznetz Angeborene Herzfehler erforscht Krankheitsmecha-nismen, neue Behandlungsmöglichkeiten und die aktuelle Versorgungslage von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit Herzfehlern in Deutschland. In dem Forschungsverbund arbeiten Ärzte, Wissenschaftler, Elternverbände und Selbsthilfegruppen zusammen, um einen schnellen Austausch neuer Forschungsergebnisse zwischen Forschung und Versorgung zu erreichen. Das Netzwerk wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Programm „Gesundheitsforschung: Forschung für den Menschen” über neun Jahre gefördert. Damit möchte das BMBF die strukturenübergreifende Wissenschaftszusammenarbeit stärken.

Schirmherrin ist Friede Springer. (MHH)



» Diesen Artikel via Mail weiterempfehlen





Schreiben Sie einen Kommentar »



Das könnte Sie auch interessieren:
Bild: Kaiser/MHH

Deutsche Krebshilfe fördert myeloischen Leukämie-Studie an der MHH

In Deutschland erkranken jedes Jahr rund 130 Kinder an einer akuten myeloischen Leukämie (AML). Dabei handelt es sich um eine besonders aggressive Form von Blutkrebs. Eine internationale Studiengruppe mit der Zentrale in der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) arbeitet seit vielen…

Kurs zur Sturzprophylaxe für ältere Menschen an der MHH

Mit Bewegung und Spaß fit und aktiv bis ins hohe Alter. Das ist das Motto eines Kurses zur Sturzprophylaxe, den die Klinik für Rehabilitationsmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) Menschen anbietet, die 65 Jahre oder älter sind und selbstständig leben….

Bild: MHH

Auszeichnung für Fast Track-Chirurgie-Konzept bei Kindern

Die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) und die Techniker Krankenkasse (TK) wurden beim Wettbewerb der Financial Times Deutschland “Ideenpark Gesundheitswirtschaft 2012″ am 17. April 2012 für das Konzept der Fast Track-Chirurgie bei Kindern ausgezeichnet. In dem “Ideenpark” werden jedes Jahr bundesweit…

Bild: Kaiser/MHH

Intermediate Care-Bereich an der MHH eröffnet

Die Frauenklinik der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) erweitert ihr Leistungsspektrum: Die Niedersächsische Sozialministerin Aygül Özkan eröffnete heute den neuen Intermediate Care-Bereich. Intermediate Care (IMC) bezeichnet das Bindeglied zwischen einer Intensivpflegestation und einer Normalstation. Der IMC-Bereich in der Frauenklinik ist für…

App mit Anleitung zur Reinigung von Tablet-PC

Sie sind überall einsetzbar und halten Informationen jederzeit bereit – Tablet-PC sind wie geschaffen für den Einsatz im Krankenhaus. Die Geräte können zahlreiche Abläufe im klinischen Alltag unterstützen und vereinfachen. Doch wie für alle Materialien, die am Patienten eingesetzt werden,…

Weitere Beiträge zum Thema: