Der Taliban-Komplex – Zwischen Aufstandsbewegung und Militäreinsatz
Zehn Jahre nach der ersten Afghanistan-Konferenz kommt am 5. Dezember 2011 auf dem Petersberg erneut die Staatengemeinschaft zusammen, um über das weitere Engagement am Hindukusch zu beraten. Rund 90 Delegationen mit etwa 1.000 Teilnehmern werden erwartet. Zu diesem Anlass haben Privatdozent Dr. Conrad Schetter vom Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) der Universität Bonn und Jörgen Klußmann, Studienleiter an der Evangelischen Akademie im Rheinland in Bonn, das Buch “Der Taliban-Komplex – Zwischen Aufstandsbewegung und Militäreinsatz” herausgegeben.
“Von den Taliban wird meist das Klischee der fanatischen und archaischen Gotteskrieger gezeichnet, die einen mittelalterlichen Gottesstaat errichten wollen”, sagt Privatdozent Dr. Conrad Schetter vom Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) der Universität Bonn. “Doch die Realität ist mannigfaltiger und das Phänomen viel komplexer.” Von den “Religionsschülern”, wie die Taliban übersetzt heißen, gebe es viele lokale Spielarten, die eine Einordnung der Bewegung erschweren. “Das geht bis hin zu der Frage, inwiefern Talib zu sein bereits zu einem Lifestyle avanciert ist”, sagt der Wissenschaftler des ZEF. Das Bild über die Taliban sei durch Mythenbildung geprägt. “Verlässliche Informationen über Entscheidungsstrukturen und Motive sind meist kaum bekannt”, sagen die beiden Herausgeber Dr. Schetter und Jörgen Klußmann, Studienleiter an der Evangelischen Akademie im Rheinland in Bonn.
Die Beiträge in dem aktuellen Buch “Der Taliban-Komplex – Zwischen Aufstandsbewegung und Militäreinsatz” sind die zusammengefassten Ergebnisse der Tagung “Wer sind die Taliban?”, die im Frühjahr 2010 von der Evangelischen Akademie im Rheinland mit der Wissenschaftlichen Arbeitsgemeinschaft Afghanistan (AGA) und dem Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) der Universität Bonn veranstaltet wurde. Ausgewiesene wissenschaftliche Experten aus Deutschland diskutierten drei Tage intensiv über die politischen Strukturen und Ideologien der Taliban, die Wahrnehmung dieser “Religionsschüler” in der westlichen Welt und den militärischen Kampf gegen sie.
“Wegen des großen Interesses an der Tagung und der Qualität der Vorträge und Diskussionen haben wir uns entschlossen, die Beiträge in einer Publikation zu vereinen”, sagt Jörgen Klußmann. “Wir hoffen, dass der Band dazu beitragen wird, den Konflikt in Afghanistan und Pakistan sowie seine Hintergründe besser zu verstehen.” Die Herausgeber freuen sich, dass das Buch rechtzeitig zur Afghanistan-Konferenz auf dem Petersberg fertig geworden ist.
Zur Petersberg-Konferenz, die unter afghanischem Vorsitz und auf Einladung Deutschlands geführt wird, sind nur die offiziellen Delegationen zugelassen. Dr. Schetter wird jedoch am Zivilgesellschaftlichen Forum zu Afghanistan teilnehmen, das am 2. und 3. Dezember in der Beethovenhalle in Bonn stattfindet und von den politischen Stiftungen in Deutschland unterstützt wird. Bei der Veranstaltung melden sich zivilgesellschaftliche Vertreter mit eigenen politischen Vorschlägen zu Afghanistan zu Wort. Zwei Delegierte aus diesem Kreis sollen an der offiziellen Außenministerkonferenz teilnehmen und dort ihre Positionen einbringen.
Studenten aus 25 Nationen diskutieren über Afghanistan
Von 4. bis 7. Dezember 2011 findet unter Beteiligung der Universität Bonn außerdem die “Afghanistan Student Conference” im Haus Marienhof in Königswinter statt, mit der vor allem junge Menschen erreicht werden sollen. Insgesamt 60 Studenten aus 25 Nationen diskutieren mit Experten über politische, militärische und ökonomische Fragen zu Afghanistan.
Publikation: Conrad Schetter und Jörgen Klußmann (Hg.): Der Taliban-Komplex – Zwischen Aufstandsbewegung und Militäreinsatz, Campus Verlag GmbH, Frankfurt/Main, 270 S., 29,90 Euro, ISBN 978-3-593-39504-3. (Uni Bonn)
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