28. August 2012, Uni Bonn

Beige Fettzellen – Neuer Weg zur Bekämpfung von Fettleibigkeit

Wissenschaftler der Universität Bonn und des Max-Planck-Instituts für Biochemie in Martinsried haben einen Signalweg entschlüsselt, der die Verbrennung von Körperfett ankurbeln könnte. Mäuse sind deutlich schlanker und verfügen über mehr der begehrten braunen und beigen Fettzellen, die Energie in Wärme umwandeln, wenn ihnen ein Signalschalter, der VASP genannt wird, fehlt. Damit könnte sich ein neuer Weg in der Bekämpfung der Fettleibigkeit abzeichnen. Die Forscher stellen ihre Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe des renommierten Journals „Science Signaling“ vor, das am 28. August erscheint.

Die Zahl der fettleibigen Menschen nimmt durch Bewegungsmangel, aber auch genetische Faktoren, weltweit stark zu – mit absehbar großen gesundheitlichen Folgen. Mit dem Übergewicht steigt das Risiko, etwa an Herzkreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Arteriosklerose zu erkranken. „Die Fettreserven dienen eigentlich als Energiespeicher, um magere Zeiten zu überstehen“, sagt Prof. Dr. Alexander Pfeifer, Direktor des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie der Universität Bonn. „Doch heutzutage muss in den Industrienationen kaum mehr ein Mensch solche Hungerphasen durchmachen.“

Ein Signalweg kurbelt die Fettverbrennung im Körper an
Da viele Menschen mit der Nahrung mehr Energie aufnehmen, als sie verbrennen können, ist der Traum von einer Wunderpille verbreitet, die das Fett einfach abschmelzen lässt. Wissenschaftler um Prof. Pfeifer haben nun mit Kollegen der Epileptologie und des Pharma-Zentrums der Universität Bonn zusammen mit dem Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried einen Signalweg im Stoffwechsel von Mäusen entschlüsselt, der die Verbrennung im Körper der Nager tatsächlich ordentlich ankurbelt.

„Die Wissenschaft unterscheidet drei verschiedene Arten von Fett“, berichtet Prof. Pfeifer. Das weiße Fett dient als Energiespeicher und steckt in den „Problemzonen“ übergewichtiger Menschen. „Hingegen dienen braune Fettzellen als eine Art Heizaggregat“, sagt der Pharmakologe. „Sie sorgen bei Säuglingen dafür, dass sie nicht zu sehr auskühlen.“ Leider kommen die braunen Fettzellen bei Erwachsenen kaum noch vor – bis auf kleine Bereiche am Nacken und entlang der Wirbelsäule. Die dritte Kategorie – die so genannten „beigen Fettzellen“ – sind die Hoffnungsträger der Forscher. „Sie setzen genauso wie die braunen Fettzellen Nahrungsenergie effizient in Wärme um und können sich aus den unerwünschten weißen Fettzellen heraus bilden“, erläutert Prof. Pfeifer.

Wie lassen sich weiße Fettzellen in braune oder beige umwandeln?
Im Zentrum der Forschung stand deshalb die Frage: Wie lassen sich an Stelle der weißen Fettzellen möglichst viele braune oder beige herstellen? „Es geht also darum, einen Weg zu finden, weißes Fett zu bräunen – natürlich nicht in der Pfanne, sondern direkt im Körper“, bringt es der Pharmakologe der Universität Bonn auf den Punkt. Das Team um Prof. Pfeifer hat bereits in einer 2009 veröffentlichten Studie herausgefunden, dass das braune Fett auf den Botenstoff „cGMP“ angewiesen ist. Das gilt nach den neuen Erkenntnissen genauso für das beige Fett. Die Forscher untersuchten nun an den Mäusen, wo das cGMP herkommt und wie es reguliert wird.

Dabei zeigte sich, dass das VAsodilator-Stimulated Phosphoprotein (VASP) eine wichtige Rolle als Schalter in einem Signalweg spielt, der die Bildung brauner und beiger Fettzellen bremst. „Mäuse, bei denen das Gen für die Bildung des VASP ausgeschaltet wurde, verfügen deshalb über aktiveres braunes und beiges Fett“, fasst Prof. Pfeifer das Ergebnis der Untersuchungen zusammen. „Diese Tiere sind sehr schlank und verfügen über einen höheren Energieverbrauch.“ Die Wissenschaftler sehen darin einen potenziellen Ansatzpunkt, energie- und fettzehrende braune Fettzellen zu fördern, wenn ein Hemmstoff für das VASP entwickelt wird.

Hoffnung auf neue Therapien gegen Fettleibigkeit
„Vielleicht könnten wir damit sogar weiße Fettzellen dazu überreden, sich in braunes oder beiges Fett umzuwandeln“, sagt der Forscher der Universität Bonn. „Damit würde sich eine sinnvolle Möglichkeit abzeichnen, Fettleibigkeit wirksam zu therapieren.“ Doch das ist noch Zukunftsmusik. Bislang ist dieser Signalweg nur für die Maus beschrieben. „Es muss sich erst noch zeigen, ob das auch im Menschen gelingt“, sagt Prof. Pfeifer. Bislang handele es sich um Grundlagenforschung, die aber neue Wege eröffne. (Uni Bonn)



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