4. Mai 2014, Uni Jena

“genius loci” – philosophische Essays und Kunstfotografie

Unter dem Titel „genius loci“ vereinen der Jenaer Philosophie-Professor Klaus Vieweg und der in Los Angeles lebende Fotograf Patrick Lakey philosophische Essays und Kunstfotografie. Die anschauliche Publikation richtet sich insbesondere an die philosophisch interessierte Öffentlichkeit, betont Vieweg, der an der Universität Jena Professor für klassische deutsche Philosophie ist.

„Dieses Büchlein ist Johann Gottlieb Fichte, dem Begründer der Philosophie des Deutschen Idealismus, gewidmet“, erklärt Prof. Vieweg. 2014 ist das 200. Todesjahr dieses großen Denkers: Entsprechend stammt das Titelfoto des neuen Bandes aus dem Wohnhaus Fichtes in Jena. Es zeigt einen schlichten Schreibtisch mit aufgeschlagenem Buch und leicht seitlich zurückgeschobenem Stuhl – ganz so, als wäre Fichte nur für einen Moment von seinem Arbeitsplatz aufgestanden. Wird es doch in Lakeys Fotografien eingefangen, das Wirken jenes speziellen Geistes eines Ortes; jenes „genius loci“, von dem Wort und Bild hier Zeugnis ablegen.

Von dem Band, dessen Untertitel „Philosophische Ansichten“ lautet, sagt Klaus Vieweg, dass er „verschiedene Formen der Erschließung und Repräsentation der Welt, Kunst und Philosophie“ verknüpfe. Im Zentrum stehen jene Denker, deren Leben und Werk einen direkten Bezug zu Jena haben. So begann hier der Siegeszug von Kants Philosophie, so wirkten Johann Gottlieb Fichte, Friedrich Schiller und Georg Wilhelm Friedrich Hegel in Jena. Arthur Schopenhauer und Karl Marx haben hier – wie zu ihrer Zeit durchaus üblich – in Abwesenheit promoviert. „Aber auch Ludwig Wittgenstein hat einen Bezug zu Jena“, unterstreicht Prof. Vieweg. Als er nämlich Gottlob Frege hier besuchte, habe dieser ihm Cambridge ans Herz gelegt. „Ohne den Besuch bei Frege wäre Wittgenstein wahrscheinlich nicht nach Cambridge gegangen“, sagt Vieweg.

Zusammen mit Lakey möchte Vieweg nicht zuletzt einen Beitrag dazu leisten, dass die Philosophie durch Ansprache eines größeren und breiteren Publikums – eben im Sinne Fichtes und später auch Karl Jaspers‘ – wieder mehr in die Öffentlichkeit hinein zu wirken vermag. „Als Fichte 1794 seine berühmte Vorlesung über die Bestimmung des Gelehrten hielt, hatte Jena um die 5.000 Einwohner. Ein Zehntel von ihnen kam zu seiner Vorlesung“, ruft Prof. Vieweg in Erinnerung: „Jena stieg in den beiden Jahrzehnten vor und nach 1800 zur Hauptstadt der Philosophie auf, zur ,Fabrik erster Prinzipien‘, zum Mekka, Eldorado oder Rom des philosophischen Denkens“, schwärmt er.

Die Idee zu dem Buch ist dem Philosophen und dem Künstler im Zuge einer Fotoserie gekommen, die Patrick Lakey nach Jena geführt hatte. Lakey hatte Vieweg als bekannten Hegel-Forscher auf der Suche nach geeigneten Orten angeschrieben. Im Ergebnis dieser Zusammenarbeit entstand eine Foto-Ausstellung in Los Angeles mit großformatigen Originalen. Und es wurde die Idee geboren, ein Buch in Angriff zu nehmen, das anhand von zehn ausgewählten Persönlichkeiten künstlerische Fotografie und philosophische Essays vereint. „Es sind wirklich wunderschöne Fotos, die den Geist des Ortes einfangen“, freut sich Klaus Vieweg.

„In Jene lebt sich’s bene“ – nicht zuletzt ist es dem gebürtigen Thüringer Vieweg im Sinne dieses alten Studentenliedes auch um die Region selbst zu tun, wenn er biographisch und anekdotisch beschworen wird, der Geist jenes speziellen Ortes.

Bibliographische Angaben:
Klaus Vieweg: genius loci. An-Sichten großer Philosophen in Text und Bild. Mit Fotografien von Patrick Lakey. Lambert Schneider Verlag 2014, 150 S., 24.95 Euro, ISBN 978-3-650-40010-9 (Uni Jena)



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