Mehr Plätze für psychosomatische Behandlungen
Die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) verdoppelt ihr Angebot bei psychosomatischen Behandlungsplätzen in der Tagesklinik. “Mit jetzt 20 tagesklinischen Plätzen zusätzlich zu den 20 stationären ist die Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie nun in der Lage, den individuellen Wünschen der Patienten und den Anforderungen einer modernen, wohnortnahen psychosomatischen Behandlung in idealer Weise gerecht zu werden”, sagt der Direktor der Klinik, Professor Dr. Harald Gündel. Die MHH ist in der Region Hannover der einzige Anbieter tagesklinischer akut-psychosomatischer Behandlung. Die Wartezeit auf einen Therapieplatz betrug bislang nicht selten länger als sechs Monate.
Der Mehrzahl der in der MHH-Klinik behandelten Patienten kann alternativ zu einer stationären eine tagesklinische Behandlung angeboten werden. “Das ist bei einer Vielzahl von Krankheitsbildern, darunter funktionellen körperlichen Störungen, Angststörungen, oder dem sogenannten Burn-Out möglich”, erläutert Oberarzt Dr. Stefan Henniger, der die stationäre und auch die tagesklinische Behandlungseinheit leitet. Das Angebot zielt aber auch auf stationäre Patienten, die gegen Ende einer mehrwöchigen Behandlung auf diese Weise testen können, ob sie ausreichend seelisch und körperlich belastbar sind. “Unsere Patienten können nun vor dem Ende der Behandlung das in der Therapie Gelernte im häuslichen Umfeld erproben”, ergänzt Martina Schrader, Leiterin der therapeutischen Mitarbeiter der Klinik.
Die Vorteile der tagesklinischen Behandlung liegen auf der Hand: “Wir können auch Patienten therapieren, die eine stationäre Behandlung ablehnen, möglicherweise weil sie ihnen als zu schwerwiegend oder zu einschneidend erscheint”, sagt Dr. Henniger. “Außerdem sind viele psychosomatisch Erkrankte, insbesondere Mütter mit jungen Kindern, aufgrund Ihrer besonderen Verpflichtungen an ihr zu Hause gebunden. Ihnen ist es bisher sehr schwer gefallen, eine ausreichend intensive psychosomatische Behandlung zu erhalten. Dies hat sich nun hier in der Region Hannover deutlich verbessert.” Die Tagesklinik bringt aber auch therapeutische Vorteile mit sich: Ihre Stärke liegt in der Kombination von Alltagsnähe und intensiver, täglicher therapeutischer Arbeit mit Ärzten, Psychologen und Fachtherapeuten. Es werden stets unterschiedliche therapeutische Verfahren kombiniert, darunter Körper- und Gestaltungstherapie, Therapiezielarbeit und tiefenpsychologische Einzelgespräche. Das in der Therapie Erfahrene kann rasch im Alltag angewandt werden, Erfolge und Misserfolge können umgehend den weiteren therapeutischen Prozess beeinflussen. “Etliche Betroffene berichten uns davon, dass sie gerade aus ihrem häuslichen Umfeld oder bestimmten Hobbys die Kraftreserven erhalten, die sie zur Genesung benötigen”, erklärt Martina Schrader. “Für sie wäre es sehr ungünstig, sich im Fall einer psychosomatischen Behandlung aus ihrem stabilisierenden Umfeld herauslösen zu müssen.”
Zudem haben viele Patienten Vorbehalte gegenüber einer vollstationären Behandlung. “Ihnen ermöglicht die teilstationäre Behandlung ein erstes Kennenlernen unserer Arbeit mit der Option zum Wechsel in eine vollstationäre Behandlung, sofern im Verlauf gewünscht”, sagt Martina Schrader.
Die Kombination stationärer und tagesklinischer Behandlung kann für Patienten genau die passende Therapie sein – zum Beispiel, wenn sie nach langem Krankheitsverlauf mit ihren Kräften am Ende sind. “Eine verfrühte Kombination aus Alltag und Therapie kann für manche Patienten auch eine Doppelbelastung sein”, ergänzt Dr. Henniger. “Eine solche Überlastung können wir – gerade zu Beginn der Behandlung – durch eine Phase stationärer Behandlung häufig vermeiden.” Die stationäre Behandlung schaffe eine größere Distanz zu den Alltagsproblemen und öffne damit oft erst die für eine Veränderung erforderlichen Kraftreserven. Gegen Ende der Behandlung hingegen ist es für den Therapieerfolg günstig, möglichst alltagsnahe Probleme anzugehen. In diesem integrierten Konzept ist ein Wechsel zwischen Station und Tagesklinik ohne Einbußen von gewachsenen Beziehungen zum Bezugstherapeuten und zur Patientengruppe möglich.
Auch für das Gesamt-Gesundheitssystem ist der Ausbau der Therapie in der Tagesklinik von Vorteil, weil sich stationäre Behandlungszeiten zugunsten der günstigeren tagesklinischen verkürzen. “Die tagesklinische Behandlung ist im Vergleich zur stationären jedoch keineswegs eine Spar-Version”, betont Dr. Henniger, “Im Gegenteil: Alle wesentlichen therapeutischen Angebote entsprechen grundsätzlich denen der stationären Patienten, sind aber speziell auf den tagesklinischen Rahmen zugeschnitten.” (MHH)
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