Schüler aus Ostwestfalen untersuchen Aktienkurse
Hängt der Wert der Aktie eines Unternehmens von seinen Gewinnen ab? Oder treiben Spekulanten den Kurs in die Höhe? Seit der Finanzkrise scheint mehr denn je fraglich, ob Kursentwicklungen an Fundamentaldaten geknüpft sind. Grund genug für 40 Schülerinnen und Schüler fünf verschiedener Gymnasien und Berufskollegs der Region, diese Frage in einem gemeinsamen Projekt mit der Universität Bielefeld wissenschaftlich zu untersuchen.
Bereits zum sechsten Mal in Folge veranstaltete die Uni Bielefeld gemeinsam mit dem Rudolf-Rempel-Berufskolleg Bielefeld, dem Friedrich-List-Berufskolleg Herford, dem Freiherr-vom-Stein-Berufskolleg Minden, dem Einstein Gymnasium Rheda-Wiedenbrück und dem Städti-schen Gymnasium Gütersloh das Projekt „BWL in OWL“. 2004 wurde das Projekt von der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften und zwei Berufskollegs ins Leben gerufen. Ziel ist es, den Schülerinnen und Schülern Grundzüge des betriebswirtschaftlichen Forschens näher zu bringen. Daneben erhalten sie auch einen Einblick in das Studium der Wirtschaftswissenschaften.
Das Thema in diesem Jahr lautete „Bulle oder Bär: Erklärt der Erfolg von Unternehmen den Wert ihrer Aktien?“. Hierbei haben die Schülerinnen und Schüler die Entwicklung der Aktienkurse im Zusammenhang mit dem Gewinn von Unternehmen untersucht. Verwendet wurden dazu Daten von mehr als 150 Unternehmen aus dem DAX sowie dem amerikanischen Dow Jones und anderen Aktienindizes.
Bereits im März fand die Auftaktveranstaltung des Projekts statt, zu der mehr als 300 Schülerinnen und Schüler der 11. Jahrgangsstufe an die Uni Bielefeld kamen. Hier erhielten die Schü-lerinnen und Schülern einen ersten Eindruck vom Leben an einer Universität. 40 Nachwuchs-forscher nahmen schließlich am diesjährigen Projekt teil. Dazu zählten zunächst zwei Workshops, in denen das methodische Vorgehen zur Analyse von Aktienkursen vermittelt wurde. Vom 11. bis 14. Juli reisten die Schüler dann zu einer dreitägigen Sommerschule nach Bad Wünnenberg ins Sauerland. In Gruppenarbeit werteten die Jugendlichen die selbst ermittelten Daten aus. „Vor allem bei den amerikanischen Unternehmen war die Datensuche schwierig“, erzählt Verena Leymann, Schülerin am Friedrich-List-Berufskolleg in Herford, „denn natürlich standen in den Geschäftsberichten auch alle Fachbegriffe auf Englisch.“ Für Stirnrunzeln sorgte auch der ein oder andere Ausreißer im Datensatz – wie zum Beispiel die US-Hypothekenbank Freddie Mac, die 2008 unter die Aufsicht der US-Regierung gestellt wurde. „Solche Unternehmen können wir für unsere Auswertungen nur eingeschränkt verwenden“, erklärte Professor Dr. Hermann Jahnke, Inhaber des Lehrstuhls für Controlling: „Denn wir wol-len ja messen, wie der Markt Aktien bewertet – und nicht die US-Regierung.“ Abgesehen von solchen Ausnahmen konnten die Nachwuchsforscher jedenfalls bestätigen, dass der Gewinn von Unternehmen sehr wohl den Wert von Aktien beeinflusst. So stellte gerade der in Form von Dividenden ausgeschüttete Gewinn bei vielen Unternehmen einen wichtigen Werttreiber dar.
Im Anschluss erstellten die Schüler eine Abschlusspräsentation über das Projekt und ihre Er-gebnisse. Doch nicht nur die fachlichen Aspekte standen im Vordergrund: Vertretend für die teilnehmenden Lehrerinnen und Lehrer betonte Klaus Nitz, Lehrer für Sozialwissenschaften am Städtischen Gymnasium Gütersloh und schon zum dritten Mal vor Ort, dass die Eigenständigkeit und Organisation der Gruppen dieses Jahr besonders gut gelungen sei. Dies bestätigte auch Arne Mensendiek, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni: „Die Schüler sind sehr motiviert an die Arbeit gegangen – und das für ein freiwilliges Zusatzprojekt kurz vor den Som-merferien.“
Vor allem aber nutzten die Schülerinnen und Schüler die Chance, einen Einblick in die Fakultät für Wirtschaftswissenschaften zu erlangen. „Für mich ist „BWL in OWL“ sehr hilfreich bei meiner Studienwahl.“, sagte ein Schüler. „Ich sehe „BWL in OWL“ als Projekt mit Vorbildcharakter, um den Schülerinnen und Schülern eine Orientierung für die zukünftige Studienwahl und damit den Übergang von der Schule in ein Studium zu ermöglichen“, lobt Professor Dr. Rolf König, Prorektor der Universität Bielefeld, die Initiative.
Das Projekt, welches durch die finanzielle Unterstützung der Schulen, der Universität Bielefeld, der Sparkasse Herford und der Erich-Gutenberg-Gesellschaft Herford ermöglicht wurde, endet am 27. Oktober 2010. Dann wird es am Rudolf-Rempel-Berufskolleg eine Abschlussver-anstaltung mit der Präsentation der Ergebnisse durch die Schülerinnen und Schüler geben. (Uni Bielefeld)
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