Neu entdecktes Gen wirkt Wachstum von Hirntumoren entgegen
Das Team um Professorin Dr. Ruthild Weber von der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) hat entdeckt, dass ein Gen mit bislang unbekannter Funktion dem Wachstum von Hirntumoren entgegenwirkt. Die Forscher veröffentlichten ihre Erkenntnis in der Fachzeitschrift “Brain”.
Die Wissenschaftler des MHH-Instituts für Humangenetik haben Zellen untersucht, die von bösartigen Hirntumoren abstammen – von so genannten Glioblastomen. Dabei ist ihnen ein Gen aufgefallen, das in vielen Glioblastomen verändert vorlag. “Wenn ein Gen in einem Tumor inaktiviert ist, ist das ein Hinweis darauf, dass es Tumor-unterdrückend wirkt”, sagt Professorin Weber. Die Genveränderung wurde auch in Tumoren anderer Organe entdeckt. “Möglicherweise ist seine tumorsuppressive Wirkung nicht auf Gehirntumore beschränkt, sondern spielt beispielsweise auch bei Brust- und Darmkrebs eine Rolle”, sagt Professorin Weber. Darüber hinaus gibt es Hinweise dafür, dass das Gen auch Nervenerkrankungen wie Alzheimer beeinflussen könnte.
Die Forscher konnten die tumorsuppressive Funktion des Gens mit weiteren Experimenten belegen. So wuchsen Tumorzellen mit intaktem Gen weniger und waren weniger beweglich. Auch im Mausmodell demonstrierten die Wissenschaftler, dass Tumore mit intaktem Gen nur halb so groß wurden wie solche mit verändertem Gen. Zudem fand das Forscherteam heraus, dass das auf Grundlage des Gens entstehende Protein zu den so genannten fokalen Adhäsionsproteinen gehört. Fokale Adhäsionen sind unterhalb der Zellmembran gelegene Kommunikationszentren, die auch für die Beweglichkeit der Zelle wichtig sind. So erhielt das Protein den Namen ‘Focadhesin’ – abgeleitet von ‘fokalem Adhäsionsprotein’. Nun wollen die Wissenschaftler weitere zellbiologische Eigenschaften des Focadhesins aufklären.
Die Genfunktion zu kennen, bedeutet einen Schritt in Richtung individualisierte Krebsmedikation zu machen: “Es wäre denkbar, dass Patienten, deren Tumoren das veränderte Gen tragen, auf ein neues Krebsmedikament anders ansprechen als Patienten mit Tumoren mit intaktem Gen”, sagt die Humangenetikerin. Somit könnten neue Medikamente gezielter eingesetzt werden.
Die Publikation ist unter anderem in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum, Heidelberg, an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn entstanden, wo die Humangenetikerin bis Ende des Jahres 2011 Professorin am Institut für Humangenetik war. Die Ergebnisse zur Zellbeweglichkeit haben sie nach Hannover geführt, da es an der MHH renommierte Arbeitsgruppen gibt, die sich mit diesem Thema beschäftigen. (MHH)
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