5. November 2009, Aktuelles, Uni Hannover (MH)

Wissenschaftler therapieren erfolgreich chronische Darmentzündung

Die Ursachen chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen sind weitgehend ungeklärt – die Therapien wirken daher oft nicht ausreichend. Wissenschaftler um Professor Dr. Christoph Klein, Leiter der MHH-Klinik für Kinderheilkunde, Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, und Professor Dr. Bodo Grimbacher vom Royal Free Hospital, University College, London, haben nun neues Licht in die komplexen Zusammenhänge dieser Krankheit bei Kindern gebracht. Sie entdeckten den ersten menschlichen Gendefekt, der diese Erkrankung verursacht. Ihre Ergebnisse veröffentlicht die weltweit führende medizinische Fachzeitschrift „New England Journal of Medicine” am 4. November 2009. (http://content.nejm.org/)

Bei fünf Kindern, die bereits als Säuglinge schwere chronische Darmentzündungen entwickelten, konnten die Wissenschaftler Veränderungen des Erbgutes feststellen. Diese Mutationen beeinflussen einen Mechanismus des Immunsystems, der dafür sorgt, dass die Darmbakterien vom Immunsystem unbehelligt funktionieren können. Ist dieser Mechanismus gestört, stuft das Immunsystem die normale, gesunde Darmflora als „fremd” ein und bekämpft sie. Das führt zu einer krankhaft entzündlichen Veränderung der Darmwand mit Fistelbildung und Eiteransammlungen. Die Störung besteht darin, dass die Immunzellen der Patienten einen bestimmten Botenstoff, das Interleukin-10, nicht erkennen.

Dies ist der erste menschliche Gendefekt, der als direkte Ursache einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung entdeckt worden ist – und das ermöglicht eine neue Therapie: Die MHH-Ärzte haben das Immunsystem „ausgetauscht”, indem sie Blutstammzellen übertragen haben. Dadurch wurde der Gendefekt behoben und die entzündlichen Darmveränderungen heilten komplett und dauerhaft ab.

Diese Arbeit zeigt die wichtige Rolle eines Signalweges, der möglicherweise auch bei vielen anderen Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen betroffen ist. „Zudem betont sie die Bedeutung der molekularen Sicht der Medizin – denn nur die Aufklärung des Gendefektes lieferte die Grundlage für einen völlig neuen Therapieansatz. Diese Arbeit demonstriert auch, welche Bedeutung die Erforschung seltener Erkrankungen hat”, sagt Professor Klein. Damit in Zukunft solche Patienten aus aller Welt noch besseren Zugang zu moderner molekularer Diagnostik und zu neuen Therapien erhalten können, hat Professor Klein die „Care-for-Rare”-Stiftung für Kinder mit seltenen Erkrankungen gegründet. Sie beteiligt sich im Bedarfsfall an den Kosten für Reise, Unterkunft und Krankenhausaufenthalt. (MH Hannover)



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