7. Dezember 2011, Uni Hohenheim

German Marketing-Journal Ranking

Für den Forscher sind Veröffentlichungen in wissenschaftlichen Zeitschriften das, was für den Sportler Medaillen sind: Ihr Renommee hängt zunehmend davon ab, ob ihre Fachartikel von erst- oder nur drittklassigen Zeitschriften veröffentlicht werden. Speziell in der Betriebswirtschaftslehre gibt es bislang jedoch kein allgemein anerkanntes Ranking, welche Zeitschriften prestigeträchtig sind und welche nicht. Einen Versuch startete 2003 der Verband der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft e.V. mit seinem sogenannten JOURQUAL-Ranking. Jetzt stellen Marketing-Experten der Universitäten Hohenheim und Tübingen eine Alternative für den Marketing-Bereich vor: Sie entwickelten das German Marketing-Journal Ranking (GeMark), das künftig alle drei Jahre aktualisiert werden soll.

Es ist ein Verfahren, das sich in den Naturwissenschaften längst etabliert hat: Dort beurteilten Forscher ihre Kollegen vor allem danach, in welchen Zeitschriften sie ihre Forschungsergebnisse veröffentlichen. Die prestigeträchtigen Zeitschriften-Flaggschiffe sind dort längst eindeutig identifiziert. Und von der Scientific Community anerkannt.

„Damit sind uns die Kollegen aus den Naturwissenschaften einen guten Schritt voraus“, urteilt Prof. Dr. Markus Voeth vom Lehrstuhl für Marketing I der Universität Hohenheim. Denn in den Geisteswissenschaften sei dieser Trend noch relativ jung. „Unser Problem ist, dass es keine allgemein anerkannten Rankings gibt, die tatsächlich in der Lage sind, gute von weniger guten Zeitschriften zu differenzieren.“

Verschärft würde das Problem dadurch, dass in den Wirtschaftswissenschaften in Deutschland auch noch Zeitschriften in deutscher Sprache relevant seien. „Wir können also auch nicht einfach Rankings aus dem angelsächsischen Bereich übernehmen“, so Prof. Dr. Voeth.

JOURQUAL-Ranking: Von Beginn an in der Kritik
Es ist eine Lücke, die das 2003 vom Verband der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft e.V. etablierte „JOURQUAL-Ranking“ für den Bereich der Betriebswirtschaftslehre eigentlich schließen wollte. Dieses Ranking basiert auf Befragungen von Hochschullehrern zur wissenschaftlichen Qualität von BWL-Zeitschriften.

In Teilen der Community würde dieser Ansatz laut Prof. Dr. Voeth jedoch sehr kritisch gesehen. „JOURQUAL sah sich von Anfang an mit dem Vorwurf konfrontiert, ungenau zu sein“, so der Professor. Denn heute sei kein Forscher mehr in der Lage, einen kompletten Überblick über alle Zeitschriften zu haben. Daher werde bezweifelt, ob der Grundansatz, das Ranking über Befragungen ermitteln zu wollen, richtig sei.

Studie belegt geringe Aussagekraft
Bislang seien diese Vorwürfe jedoch eher diffus geblieben. Daher suchte Prof. Dr. Voeth mit zwei Mitstreiterinnen nach objektiven Kriterien, um die Kritik zu überprüfen. An seiner Studie als Co-Autorinnen beteiligt: Juniorprofessorin Uta Herbst von der Universität Tübingen und Dipl. rer. com. Jeanette Loos von der Universität Hohenheim.

Der Kern ihrer gemeinsamen Arbeit: eine bibliometrische Analyse des JOURQUAL-Rankings. Beim bibliometrischen Verfahren wird eine Zeitschrift als umso höherwertiger eingestuft, je öfter ihre Beiträge in anderen Artikeln zitiert werden. Ergebnis ist ein sogenanntes Zitationsranking, das zeigt, welche Zeitschriften tatsächlich in den wissenschaftlichen Arbeiten einer Disziplin von Bedeutung sind. Allerdings sind bibliometrische Verfahren sehr aufwändig, da bei ihnen tausende von Zitationen erfasst und ausgewertet werden müssen.

„Wenn wir das JOURQUAL-Ranking mit unserem Zitationsranking vergleichen, werden zwei Schwächen des JOURQUAL-Rankings schnell offensichtlich“, so Jun.-Prof. Dr. Herbst vom Lehrstuhl für Marketing der Universität Tübingen. „Für das Teilgebiet Marketing konnten wir zeigen, dass das JOURQUAL-Ranking die wissenschaftliche Qualität vieler Zeitschriften falsch einschätzt. Und darüber hinaus zeigte sich auch, dass das JOURQUAL-Ranking nur einen Teil der Zeitschriften enthält, die tatsächlich für die wissenschaftliche Arbeit der Wissenschaftler unserer Disziplin relevant sind.“

GeMark als objektivere Alternative
Seine Ergebnisse nutzte das Forschungsteam nun auch, um ein neues, bibliometrisches Zeitschriftenranking GeMark (German Marketing-Journal Ranking) speziell für den Bereich Marketing aufzubauen.

„Dazu haben wir unseren bibliometrischen Datenbestand weiter ausgebaut, indem wir die von deutschsprachigen Marketing-Wissenschaftlern in den letzten fünf Jahren publizierten Zeitschriftenbeiträge untersucht haben. Den so erzeugten Datenbestand von mehr als 76.000 Zitationen haben wir zu einem eigenen bibliometrischen Marketing-Zeitschriftenranking, dem GeMark-Ranking, verdichtet“, so Projektleiterin Loos, die die Erhebung der erforderlichen Daten koordiniert hat. „GeMark ist eine objektivere, weil nicht auf Befragungen basierende Alternative für Marketing-Zeitschriften“, urteilt Prof. Dr. Voeth. „Außerdem umfasst GeMark mehr Marketing-Zeitschriften als das JOURQUAL-Ranking “, ergänzt Co-Autorin Loos.

Das Ranking und die Details zur Methodik veröffentlicht das Wissenschaftlerteam unter www.gemark.de. Künftig soll es im Drei-Jahres-Turnus aktualisiert werden. (Uni Hohenheim)



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